Archäologische Sensation in der Turgai Senke (Kasachstan)

Ein Beitrag von Viktoria Wagner

Ein Mosaik aus spröder Steppe, etlichen Salzseen und kleinen Waldfragmenten durchzieht die Turgai Senke. Das flache Becken erstreckt sich von der Stadt Kostanai, im nordwestlichen Zipfel Kasachstans gelegen, bis in die Halbwüste hin. Die Gegend ist dünn besiedelt. Hier und da trifft man auf kleine Siedlungen, Hirten und Melonenfelder. Manchmal kommen einige Birdwatcher aus dem Ausland vorbei. Ansonsten grassiert hier Landflucht. Zu rauh ist das Klima, zu riskant die Landwirtschaft. Für fremde Augen ist die Steppe nichts als flache Eintönigkeit.

Ausgerechnet diese abgelegene Gegend wurde in den letzten Jahren Schauplatz einer archäologischen Sensation.

 

Ushtogai Square, ein Geoglyph in der kasachischen Steppe, ca. 300km Luftlinie südöstlich von Kostanai (ca. 300m Seitenlänge). N 50.8329°, E 65.3263°). Quelle: Google Earth

Und so fing es an: Im Jahr 2007 surft der Ökonom und Amateur-Archäologe Dmitriy Dey aus Kostanai in Google Earth auf gut Glück los, um, wie er sagt, Pyramiden in seiner kasachischen Heimat zu suchen. Diese habe er nicht gesichtet, wohl aber riesige Geoglyphen aus der Satelliten-Perspektive entdeckt. Zuerst war es ein Quadrat (“Ushtogai Square”), dann eine Swastika (“Turgai Swastika”). Später sichtet er 260 weitere Figuren, die versprenkelt in der Turgai-Landschaft liegen. Die NASA hat vor zwei Wochen die Funde durch weitere Satellitenbilder bestätigt. Die Geschichte hat es heute in die New York Times geschafft (Link unten).

Spektakulär ist der Fund, weil prähistorische Geoglyphen sonst z.B. nur aus Peru, dem Amazon und England bekannt sind, nicht jedoch aus der Steppe Eurasiens. Doch wie kommen diese Bilder in die Steppe? Fest steht, dass sie durch Erdaufschüttungen entstanden sind. Wissenschaftler haben die Hügel auf ein Alter von 8000 Jahre datiert, manche seien aber jünger. Ausgrabungen haben erwiesen, dass die Hügel nicht als Grabstätten benutzt wurden. Dmitriy Dey vermutet auf seiner Homepage, dass einige der Bilder auf die Andropovo (3000-4000 v.Chr.) oder die Mahandzhar Steppen-Kultur zurückgehen (7000-5000 v. Chr.) und dass sie benutzt wurden, um die Bewegung der Sonne zu verfolgen. Viele Fragen bleiben aber offen. Warum haben Nomaden solch einen Kraftakt unternommen? Waren die Figuren als reine Kunst gedacht oder hatten sie eine Funktion als Kultstätte?

Nun plant Dmitriy Dey bereits weitere Expeditionen, um das Geheimnis der kasachischen Geoglyphen zu lüften. Auf seiner Homepage lädt er Investoren ein, bei dem Abenteuer mitzumachen.

Homepage des Projektes (eng/rus): http://turgay.kz/index.html
New York Times Artikel zum Nachlesen (eng): http://www.nytimes.com/2015/11/03/science/nasa-adds-to-evidence-of-mysterious-ancient-earthworks.html?hpw&rref=science&action=click&pgtype=Homepage&module=well-region®ion=bottom-well&WT.nav=bottom-well&_r=0
Power-Point Präsentation von Dimitriy Dey (eng): http://www.pitt.edu/~super1/lecture/lec53991/001.htm

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