cesmi – Medienberichterstattung über Zentralasien und der kulturelle Kontext der Dinge

Ein Beitrag von Jesko Schmoller

Der kulturelle Kontext - in Samarkand

Der kulturelle Kontext der Dinge – zB hier in Samarkand

Als ich vor anderthalb Jahren aus beruflichen Gründen nach Rußland umzog, war der Konflikt zwischen der „neuen Heimat“ und der Ukraine bereits im vollen Gange. Ernsthafte Verständnisprobleme bereitete mir die Art und Weise der Berichterstattung über den Konflikt und die Zustände in den beteiligten Ländern in einem Großteil der deutschen Medien. Journalisten, die sich nicht besonders gut auskannten, assoziierten die Russische Föderation der Gegenwart mit der Sowjetunion, schrieben von anderen ahnungslosen Journalisten ab, entwickelten aus begrenzter Informationslage und Positionen der deutschen Parteienpolitik erstaunliche Meinungen und vertraten diese vehement in Foren und Talkrunden. Was mit wenigen Ausnahmen fehlte, war die Bereitschaft und vielleicht die Fähigkeit, sich an unterschiedlichen Schauplätzen ein Bild der Lage zu machen und die Ereignisse in ihrem spezifischen kulturellen Kontext zu sehen. Aus einer ähnlichen Motivation heraus fassten meine Kollegen von der Central Eurasian Scholars and Media Initiative vor bald sechs Jahren im Rahmen der Berichterstattung über die schweren ethnischen Ausschreitungen im Süden von Kirgistan einen Entschluss.

Durch den Austausch zwischen Wissenschaftlern und Redakteuren sollten Voraussetzungen für eine höhere Qualität des journalistischen Informationsgehalts geschaffen werden. Im Falle der zentraleurasischen Region ist die fehlende Expertise auf Seiten der Medien besonders ausgeprägt. Ein Service, den die Webseite unserer Initiative bietet, ist eine Liste von Fachleuten, die im Falle einer anstehenden Reportage zum Gespräch bereit stehen. Freilich darf man nicht den Fehler machen zu glauben, Wissenschaftler hätten ein Monopol auf die „Wahrheit“, weshalb Wissen bei uns in beide Richtungen fließt: von den Forschungsreinrichtungen in die Redaktionen und andersherum. Gerade was lokale Nachrichten betrifft, vermitteln diese häufig ganz neue Einsichten. Auch arbeiten wir mit Medien zusammen, die langjährige Erfahrung in der Berichterstattung zur Region haben. Dabei handelt es sich um die Zentralasienabteilung der BBC sowie Radio Free Europe / Radio Liberty. In unserem Blog finden sich Themen, die von den großen Zeitungen und Zeitschriften so gut wie nie aufgegriffen werden: Warenverkehr im östlichen Pamir, sowjetische Emanzipation von Frauen in der kasachischen Steppe, Abtreibung von Mädchen in Armenien. Und eine Rezensionsreihe gewährt Einblicke in Bücher, die in den unterschiedlichsten Sprachen publiziert werden. So sind wir darum bemüht, dem Leser kulturelle und soziale Aspekte des Lebens in der Region auf möglichst unverfälschte Weise näherzubringen.
Viel Freude bei der Lektüre.

Anmerkung der tethys-Redaktion:
Ein Beitrag, der der tethys-Redaktion auf der noch recht jungen cesmi-Seite besonders gut gefällt, ist der Text “IS in Central Asia: A Myth?” von Gulrano Ataeva.

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