Exilkultur — Zentralasien in Moskau

Ein Beitrag von olim devona

Nach dem Zerfall der Sowjetunion blieb Moskau ein Zentrum aller Intellektuellen der Sowjetunion. In den Köpfen vieler Menschen blieb es Hauptstadt eines riesigen Reiches, das auf ein enormes intellektuelles Potential zurückgreifen konnte, die alle vor allem eins einte: sie sprachen eine Sprache und teilten eine gemeinsame Geschichte, wenigstens für drei Generationen. Die Bürgerkriegswirren, die Erhitzung oder Unterkühlungen  des politischen und sozialen Klimas an verschiedenen Stellen Zentralasiens begünstigten dabei die Stellung Moskaus als dem Hafen für von allen Kämpfe müden oder nach wirtschaftlichen Reichtum hungrigen Menschen. Besonders die Intellektuellen halten den stetigen Kontakt zu Moskau. Wie bunt zentralasiatische Kultur in der russischen Förderation überhaupt ist, dass zeigt uns eine neue Seite: Afisha . Diese fächert in den Bereichen Fotografien, Kinokultur, Theater, Ausstellungen und Mode ein buntes Programm auf, mit Kritiken, Artikeln zu Filmen, Ausstellungen, Literaten und Vorankündigungen, ganz interessant für diejenigen, die nicht vor Ort sein können.

[inspic=489,left,,300]

Exemplarisch will ich hier eine Fotoaustellung herausgreifen, die Rena Efendi noch bis Mai in der Fotogalerie Photographer.ru zeigt. Mit Namen Haus des Glücks ist diese Ausstellung eine Anspielung auf das Standesamt, dass in Usbekistan gleichlautend “bacht uyi” heißt. 32 Fotografien aus dem Ferghanatal sind hier zu sehen. Sie würfeln zusammen, was Rena Efendi an verschiedenen Stationen im Ferghanatal auf ihrer Fotoreportage erlebte, sie war bei Nomaden in der Steppe, sie hielt sich in Dörfern auf, in unwegsamen Gelände.

[inspic=490,left,,300]

Herausstechend sind jedoch die ersten drei, vier Fotos der Serie, die Frauen in den für zentralasien typischen Fotosalons ablichtet:

[inspic=491,left,,300]

Berglandschaften im Hintergrund, oder bunte Tücher, ein künstlichen Kamin, ein paar Sessel… Diese  Fotografien muten aufgrund der Hintergründe anachronistisch an, die Frauen im Vordergrund lassen einen aber das Selbstrbewußtsein der sich ablichtenden Frauen erahnen. Szenen aus einem in Zentralasien gewöhnlichen Alltag.

[inspic=492,left,,300]Der Aufenthalt in ein paar dieser Galerien in verschiedenen Orten der Region würde ein fantastisches Fotobuch ergeben.

Soweit so gut. Alltagsfotografien aus dem Ferghanatal. Nur der Pressetext, der läßt einem vor Grauen die Haare zu Berge stehen: Hier wird unter dem Titel Ferghanaer Horrorstories uns von einer Journalistin das Ferghanatal nahe gebracht: Zwangsverheiratung, Prostitution, radikaler Islam, Unterdrückung der Frau… alles das atmet den Mief einer piefigen überheblichen Journalistin (Name auf der Internetseite nachzulesen), die das Leben in der postsowjetischen Provinz nicht kennt und es deshalb arrogant  und aus einem elitären Denken der Aufklärung heraus verabscheut. Aber es zeigt einem auch, wie Exildenken sein kann, wie weit sie sich manchmal in ihren Einschätzungen vom Alltag vor Ort entfernen kann.

Siehe auch Moskowtimes.ru

One Thought on “Exilkultur — Zentralasien in Moskau

  1. Pingback: Readers Edition » Exilkultur - Zentralasien in Moskau

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *

Post Navigation