Sufi Poster Art in Pakistan

Ein Beitrag von Jürgen Wasim Frembgen

[inspic=580,left,,0] In Pakistan, dem zweitgrößten Land der muslimischen Welt und Kerngebiet des Sufismus (islamische Mystik), spielt die volkstümliche Verehrung charismatischer Heiliger eine außerordentliche Rolle. Zeitgenössische Poster-Porträts, die diese “Freunde Gottes” und ihre Mausoleen abbilden, sind wichtige Medien der Frömmigkeit. Im Gegensatz zur allgemeinen islamischen Vermeidung figurativer Darstellungen orientiert sich der lebendige Schrein-Islam Pakistans an Bildern. “Persönlichkeitsposter” berühmter Sufi-Heiliger sind konkrete bildliche Manifestationen, die heute in die Kultur des Massenkonsums eingebunden sind, aber dennoch ein reiches Archiv des visuellen Gedächtnisses bewahren.

Pakistan ist innerhalb der muslimischen Welt ein Kernland der islamischen Mystik, d.h. der Sufi-Tradition, in dem Formen der Devotion einen lebendigen Teil volkstümlicher Frömmigkeit bilden. Poster-Portraits mit den Darstellungen von Sufi-Heiligen und ihren Schreinen enthalten machtvolle Symbole des gelebten Islams. Sie werden sowohl in Privathäusern aufgehängt und gezeigt, als auch öffentlich in Läden, Restaurants, Friseursalons, Amtsstuben und an Heiligenschreinen, wo sie einen sakralen islamischen Raum kreieren, in dem der Sufismus wirksam wird. Diese Poster sind Zeugnis der volkstümlichen Verehrung und Wahrnehmung der “Freunde Gottes” (auliya) und entfalten eine Welt devotionaler Vorstellungen.

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Diese Sufi-Bilder, die seit Anfang des 20. Jahrhunderts von Basarmalern, Illustratoren und Collage-Künstlern geschaffen wurden, spiegeln die visuelle Ästhetik einer Farben sprühenden und spielerischen Volkskunst. Solche islamischen religiösen Drucke sollten aus der Sicht westlicher Ästhetik nicht vorschnell als “Kitsch” verurteilt werden, denn Heiligenportraits sind sakrale Objekte, die innerhalb der populären religiösen Praxis in Pakistan zum Fokus authentischer gelebter Erfahrungen werden. In diesen dichten und überquellenden Postern offenbart sich die reiche Ikonographie der Verehrung charismatischer Heiliger: Neben imaginären Darstellungen gibt es Photographien und einige gemalte Portraits, Wundergeschichten werden illustriert und eine Vielzahl symbolischer Elemente gezeigt, die spezifische religiöse Werte der Frömmigkeit vermitteln.

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Sufi-Poster sind massenproduzierte Konsumgüter der Basarindustrie, die vor allem in Lahore gedruckt und von dort in den Tieflandprovinzen Pandschab (“Fünfstromland”) und Sindh verbreitet werden. Pilger kaufen sie als Souvenirs bei Heiligenfesten. Zu Hause werden sie gerahmt und dienen schließlich als Andachtsbilder. Sie sind Ikonen der Liebe und Anbetung, die Segenskraft vermitteln, Böses abwehren und die Sufi-Heiligen sozusagen ins Haus bringen. In diesem Zusammenhang sind sie auch Ausdruck der persönlichen religiösen Identität des Gläubigen.

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Die Ausstellung ist noch bis 02. Mai 2010 im Völkerkundemuseum in München zu sehen, bis auf einen kleinen Teil, der sich unter dem Titel “Devotion, Konsum, Event – Populärer Heiligenkult in Pakistan” mit Gegenständen der religiösen Alltagskultur in Pakistan beschäftigte und bereits wieder abgebaut wurde.

Jürgen Wasim Frembgen ist Autor zahlreicher Bücher. Neben einem Einführungswerk zu den Sufis erschien vor ein paar Jahren in englischer Sprache “The Friends of God – Sufi Saints in Islam. Popular Poster Art from Pakistan.” Karachi: Oxford University Press 2006.

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