Seit 2010 gibt es in Zarandsch die Balutschi Akademie. Dieses zivilgesellschaftliche Projekt wurde auf Initiative von Mansur und Lutz Rzehak mit minimalem finanziellem Aufwand geplant und umgesetzt. Die Mittel für den Bau der Akademie wurden von Vertretern der Belutschen in Afghanistan und im Exil aufgebracht. So kann erfolgreiche Entwicklungszusammenarbeit in Afghanistan aussehen- kostengünstig und nachhaltig.
Am Beginn der Initiative stand ein Wörterbuchprojekt. Das Wörterbuch Baluchi-Paschto-Dari-Englisch ist das erste Wörterbuch für diese west-iranische Sprache, die heute in Iran, Afghanistan und Pakistan von ca. 10 Mio. Menschen gesprochen wird. Begonnen hatte dieses Wörterbuch der belutschische Intellektuelle Pahwal als handschriftliches Manuskript. Nach dessen Tod im Jahre 2003 nahmen sich Lutz Rzehak und Mansur dieser fragmentarischen Handschrift an und erweiterten sie zu dem 2007 in einer Auflage von 2000 Exemplaren in Kabul gedruckten Wörterbuch. (Zu diesem Wörterbuch folgt in Kürze ein eigener Blogbeitrag)
Während der Arbeit an diesem Wörterbuch sahen sich die Autoren mit dem Problem konfrontiert, dass es in Nimruz, der Provinz Afghanistans, wo die meisten Belutschen leben, bisher keinerlei wissenschaftliche Infrastruktur gab. Das heißt, dass es bisher speziell für die Sprache Balutschi und die Kultur und Geschichte der Belutschen in Afghanistan keinen öffentlichen Ort gab, an dem man wissenschaftlich Arbeiten und mit lokalen Wissenschaftlern ins Gespräch kommen konnte.
So entstand parallel zur Arbeit am Wörterbuch die Idee in Zarandsch, dem administrativen Zentrum und der größten Stadt in Nimruz ein Gebäude für Wissenschaftler und wissenschaftlichen Austausch zu errichten und eine Akademie zu gründen. Vorbild hierfür war die gleichnamige Akademie in Quetta (Pakistan).
Im Gebäude der Balutschi-Akademie ist auch die zweitgrößte öffentliche wissenschaftliche Bibliothek der Provinz Nimruz untergebracht. Die Bauarbeiten begannen im Oktober 2008 auf einem Grundstück, das Belutschen vom afghanischen Staat für eine symbolische Summe erworben haben. Nach 18 Monaten war die erste Bauphase abgeschlossen. Seither können die Räumlichkeiten von lokalen und internationalen Wissenschaftlern genutzt werden. Das bisher einstöckige Gebäude kann bei Bedarf auf vier Stockwerke ausgebaut werden.
Neben der Bibliothek gibt es bisher fünf Arbeitsräume, einen Computerraum mit sieben Computern und einen Raum mit Exponaten belutschischer Kultur. Eigentümer der Balutschi-Akademie sind alle Balutschen. Dadurch und durch die finanzielle und ideelle Eigenbeteiligung sowie der aufgebrachten Arbeitsleistung vieler an diesem Projekt beteiligter Menschen, ist auch der Fortbestand der Akademie gewährleistet. Die Menschen in Nimruz verbinden mit diesem neu entstandenen und ihrer Kultur gewidmeten Ort Stolz und Würde.
Die Hauptziele der Balutschi-Akadamie sind verbunden mit den jungen und zukünftigen Generationen. Diese sollen an der Akademie einen Ort vorfinden, an dem sie sich mit der Geschichte, Kultur und Sprache der Belutschen in Afghanistan, Iran und Pakistan informieren und auseinandersetzen können.