Tadschikischer Oppositioneller ermordet

Nur eine Woche nach der Ermordung Boris Nemtsovs in Moskau wurde am 5.03.2015 in Istanbul der tadschikische Oppositionelle Umarali Quvvatov von einem Unbekannten auf offener Straße, vor den Augen seiner Frau und seiner beiden Söhne, mit einem Kopfschuss getötet. Anders als beim russischen Oppositionspolitiker und Kremlkritiker landete die Ermordung des 47-jährigen Quvvatov jedoch nicht in den deutschen Hauptnachrichten.

Umarali Quvvatov war der Kopf der kürzlich in Tadschikistan verbotenen Oppositionsvereinigung “Gruppe 24” und galt als der schärfste Kritiker des Tadschikischen Präsidenten und seiner Regierung. 2012 war Quvvatov aus Tadschikistan nach Moskau geflohen und gründete dort die regierungskritische “Gruppe 24”. Im Dezember 2012 wurde er in Dubai auf Anfrage der tadschikischen Regierung festgenommen und verbrachte anschließend einige Monate in Haft. Vorgeworfen wurden dem Geschäftsmann, der laut Radio Ozodi bis zu seiner Flucht enge geschäftliche Kontakte mit dem Umfeld des tadschikischen Präsidenten pflegte, verschiedene Wirtschaftsdelikte. Nach seiner Entlassung aus der Haft in Dubai übersiedelte Quvvatov mit seiner Familie ins türkische Exil. Im Oktober 2014 wurde die “Gruppe 24” in Tadschikistan als extremistisch eingestuft und verboten. Im Dezember vergangenen Jahres wurde Quvvatov dann in Istanbul festgenommen. Die tadschikische Regierung forderte erneut seine Auslieferung. Am 16. Januar erfolgte jedoch seine Freilassung. Umarali Quvvatov bemühte sich seit längerem bei der UN um eine Anerkennung als politisch Verfolgter / politischer Flüchtling.

Ein kurzer Bericht über die Tat ist hier zu lesen. Radio Ozodi berichtet ausführlich von einem Gespräch mit der Witwe des Ermordeten. Diese erzählt unter anderem, dass die Familie am Abend der Tat bei einem entfernten Bekannten ihres Mannes zu einer Trauerfeier eingeladen war. Beim Essen sei den Kindern der bittere Geschmack des Saftes aufgefallen. Bei allen stellte sich plötzlich Unwohlsein ein. Ihr Mann befürchtete, dass er vergiftet werden sollte und verließ mit seinen Angehörigen die Wohnung. Auf dem Nachhauseweg wurde er dann von hinten erschossen. Den Täter habe sie nicht gesehen und den wohl schallgedämpften Schuss kaum wahrgenommen. Als der Notarzt kam war ihr Mann bereits tot. Ihre beiden Söhne leiden noch immer an den Folgen der Vergiftung und seien beide noch im Krankenhaus. Der kleinere von beiden sei noch nicht wieder bei Bewusstsein. Einen geschäftlichen Hintergrund der Tat bezweifelt sie.

Auf youtube gibt es seit November 2014 den Mitschnitt eines angeblichen Telefongespräches zwischen einem Mitarbeiter des Tadschikischen Geheimdienstes und Umarali Quvvatov, in dem dieser eingeschüchtert und mit den Worten bedroht wird: “es fehlt nicht mehr viel und…wir wissen wo du steckst, wir wissen alles…”. Im vergangenen Herbst kursierten Gerüchte über einen von Quvvatov geplanten Protest-Flashmob in Duschanbe. Am Geburtstag des Präsidenten, so wird vermutet, sollte eine “spontane” Protestaktion in der tadschikischen Hauptstadt organisiert werden. Die Sicherheitskräfte waren in Alarmbereitschaft, die Situation in der Stadt war angespannt, aber alles blieb ruhig. Die Behörden in der Türkei und Tadschikistan haben die Ermittlungen aufgenommen. In den Tadschikischen Medien war nichts über die Ermordung Quvvatovs zu lesen. Ausnahme bildet wohl die online-Ausgabe von Asia-plus. Umarali Quvvatov soll am 9. März in Istanbul beigesetzt worden sein.

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