Die Taliban hören und lesen

Rechtzeitig zum Jahresende 2015 gibt es auf Alex Strick van Linschotens persönlicher Website eine annotierte Leseliste mit 67 Publikationen zu den (afghanischen) Taliban – er schreibt gerade an seiner Dissertation zur Entwicklung der Taliban vor 2001 und hat zusammen mit Felix Kühn den Verlag firstdraft-publishing gegründet.

Von hier habe ich auch den link zu Graeme Smiths Seite “Talking to the Taliban” auf der 42 Taliban-Kämpfer aus der Provinz Kandahar (dem Haupteinsatzgebiet der Kanadischen-ISAF-Truppen) auf zwanzig standardisierte Fragen bezüglich ihrer Person, Motivation und Überzeugungen antworten. Graeme Smith versucht auf dieser Seite seinen Landsleuten die Komplexität der Verhältnisse im paschtunischen Süden Afghanistans zu erklären. [Nachtrag vom 09.01.2016 – zum Jahresanfang hat Thomas Ruttig einen Text über “Organisationsstrukturen und Ideologie der Taleban (Teil 1)” auf seiner Seite online gestellt. Teil 2 und 3 des 2011 erschienenen Artikels sind hier (Teil 2) und hier (Teil 3) .]

Über die aktuelle Lage in Helmand (der westlichen Nachbarprovinz von Kandahar) berichtet ebenfalls Thomas Ruttig (hier) / (hier) und (hier)- eine längere Perspektive auf die Geschichte und Konflikte der Provinz Helmand nehmen zwei Publikationen ein, die auch in der eingangs erwähnten Bücherliste zu finden sind (und auch meiner Meinung nach zum Interessantesten gehören, was in letzter Zeit zum Krieg in Afghanistan geschrieben wurde): Mike Martin “An intimate war” aus der englischen “counterinsurgency”-Perspektive und Carter Malkasian “War comes to Garmser” aus der amerikanischen.

…und hier noch das Audio eines Interviews mit Thomas Ruttig (vom 11.01.2016) zur aktuellen Lage in Afghanistan.

Viagra in der Warteschleife

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Eigentlich sollte sich diese Geschichte um Viagra und Afghanistan drehen. Ein Freund in Kabul hatte in Gegenwart eines Bekannten seinen Wunsch nach dem Potenzmittel geäußert und ich hatte von einem befreundeten Arzt ein Rezept für das Medikament bekommen. Mit Spannung wurde mein Bericht über die Übergabe dieses Gastgeschenkes und die Reaktionen darauf von meinem deutschen Bekanntenkreis erwartet. Ich wollte die Packung Viagra kurz vor meinem Abflug in Frankfurt besorgen. Continue Reading →

Der einzige Lösungsweg für Afghanistan ist der Föderalismus…

In den letzten Tagen wurden auf bbc zwei für Afghanistan relevante Beiträge veröffentlicht, die nicht direkt mit Krieg und Zerstörung zu tun haben, sondern einen konstruktiven Ansatz zur Lösung der Dauerkrise anbieten.

Am Osterwochenende gab es eine Mitteilung, dass die Paschtunischen Stammesgebiete in Pakistan einen neuen Namen erhalten sollen. Die bisherige North-West-Frontier-Province (NWFP) soll laut einem Beschluss vom 31. März in Khyber Pakhtunkhwa umbenannt werden. Pakhtunkhwa (wörtl. Historisches Gebiet der Paschtunen) ist die literarische Variante des umstrittenen Begriffs Pashtunistan. Khyber verweist darauf, dass es sich um die paschtunischen Gebiete auf Pakistanischem Territorium handelt. Bei den Feierlichkeiten der National Awami National Partei (ANP), die diese seit langem geforderte Namensgebung begleiteten, kam es zu einem Selbstmordanschlag, bei dem ca. 50 Personen ums Leben kamen.

Beim zweiten Beitrag, der hier in einer deutschen Übersetzung und Zusammenfassung vorgelegt wird, handelt es sich um ein Interview mit dem Politiker Dr. Latif Pedram aus Afghanistan.

Auch dieses Interview, das in der bbc-persian-reihe “mit anderen Worten” (ba ‘ebarat-i digar) als Tondokument und als Text auf Dari veröffentlicht wurde, handelt von einer angestrebten Namensänderung. Gleichzeitig wirbt Dr. Pedram für einen politischen Systemwechsel in Afghanistan. Der Zentralstaat soll von einem föderalen System abgelöst werden. Sowohl der Namenswechsel als auch die föderale Lösung waren in Afghanistan bisher öffentlich weitgehend Tabuthemen. Continue Reading →

Publikation zur Dari-Literatur im 20. Jahrhundert

Vor kurzem erschien ein Buch, auf das die Tethys-Redaktion gerne alle an Afghanistan interessierten Leser aufmerksam machen möchte. Die Erzählprosa der Dari-Literatur in Afghanistan 1919-1978 von Dr. Sayed Hashmatullah Hossaini gibt einen einzigartigen Überblick über die bis zur sogenannten April-Revolution auf Dari publizierte Erzählprosa. Neben einer historischen und thematischen Einordnung dieser im Vergleich zur Dichtung jungen und auf europäische Vorbilder zurückgreifenden Entwicklung innerhalb der Afghanischen Literatur, findet man in diesem Werk Kurzcharakterisiken zahlreicher Autoren und ihrer Prosawerke.