Tolkun Umaraliev, der noch vor wenigen Tagen hier bei uns am Zentralasien-Seminar der Humboldt Universität zu Gast war und über die Bloggerszene in Kirgistan und Zentralasien gesprochen hat, ist wieder in Kirgistan.
Auf seinem Blog ist der letzte Eintrag den grauenhaften Ereignissen in Südkirgistan gewidmet. “I call it a massacre!” Laut Augenzeugenberichten begann das Massaker in Osh, als am 10. Juni das unbestätigte Gerücht kursierte, dass in einem Studentenwohnheim Kirgisen von Uzbeken umgebracht worden seien. Daraufhin formierten sich zwei Gruppen von auswärtigen Jugendlichen (20-30 Uzbeken in schwarzen T-shirts und Kirgisen mit roten Basecaps) die gegeneinander vorgingen. In der darauffolgenden Nacht dann eskalierte die Situation. Diese Eskalation wird vor allem dem im April aus seinem Amt vertriebenen Ex-Präsidenten Kurmanbek Bakiev und seinem Netzwerk zugeschrieben. Bakiev hält sich seit dem Putsch in Weißrussland auf.
Bis heute kamen bei den Unruhen laut offiziellen Angaben des kirgisischen Gesundheitsministeriums 249 Menschen ums Leben. Uzbekische Quellen sprechen von über 2000 Toten. Die Zahl der nach Uzbekistan geflüchteten schwankt je nach Quelle zwischen 100.000 und 200.000. Insgesamt sind derzeit wohl bis zu einer Million Menschen (Uzbeken, Kirgisen, Tadschiken, Uighuren und andere im Süden Kirgistans lebende Gruppen) auf der Flucht.
Wie das Referendum über die neue Verfassung, die Legitimität der Übergangsregierung und die Neugestaltung der Rolle des Präsidenten am kommenden Sonntag (27. Juni 2010) unter diesen Umständen durchgeführt werden kann, bleibt abzuwarten.