“Beyond The River” ends – vorerst?

Das Ende hatte sich bereits angekündigt. Der hervorragende, auf wenigen (zwei) Schultern lastende Zentralasien-blog “Beyond the River” hat im Juni 2009 seine Tätigkeit eingestellt. Ab jetzt soll getwittert werden. Der letzte post von Ian Chesley stammt vom März diesen Jahres. Eine Wiederaufnahme des blogs wird dabei nicht ausgeschlossen…

Wir berichteten über die ausgezeichnete Darstellung der Geschichten und Gerüchte, die sich um das Verschwinden des Schwagers von Emomali Rahmon und dessen Verbindungen zum Tadschikischen Aluminium-Unternehmen (TALCO) rankten. Im Frühjahr und Sommer und Herbst 2008 diskutierte Beyond the river die sich daraus möglicherweise ergebenden Auswirkungen auf den inneren Machtkreis – und damit direkt auf die Sicherheitslage – in Tadschikistan. Im Dezember 2008 wurde der arbeitsintensive und gut recherchierte blog auf einen Metablog umgestellt. Seither gab es keine eigenen Beträge mehr zu lesen, aber immerhin eine interessante Auswahl an Zentralasienrelevanten links und news im www.

Schade. Wir hoffen auf baldige Rückkehr!

Tadschikische Trolleybusse

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Duschanbe, die Hauptstadt Tadschikistans, besitzt ein auch aus westeuropäischer Sicht funktionierendes Nahverkehrssystem. Trolleybusse nehmen dabei eine wichtige Rolle ein. Alle Fahrzeuge im Linienbetrieb sind an den Seiten mit politischen Slogans versehen. Ausgehend von diesen zahlreichen Slogans soll die neuere Geschichte Tadschikistans und die aktuelle politische Entwicklung beleuchtet werden.

Dabei waren Slogans auf den Seiten der Busse zu Zeiten der Sowjetunion unüblich, und heutzutage entscheiden sich die meisten Betriebe diesen Platz zu Werbezwecken zu vermieten. Duschanbe geht jedoch einen anderen Weg.

Die Slogans scheinen eine Besonderheit der Stadt zu sein, vor allem angesichts der Tatsache, dass so viele verschiedene Sprüche anzutreffen sind – einige Dutzend. Die Slogans werden durch die Stadtverwaltung in Auftrag gegeben und an den stadteigenen Verkehrsbetrieb weitergeleitet, der diese an den Fahrzeugen anbringen lässt.

Zehntausende Personen sehen die Slogans täglich an sich vorbeifahren, aber nehmen sie diese überhaupt wahr? Oder sind die Slogans nur Hintergrundgeräusche, angesichts der allgegenwärtigen Slogans, die Straßenzüge überspannen oder Hauswände bedecken? Es ist eine grundlegende Marketing-Frage; in unserem Fall jedoch hat sie eine politische Bedeutung.

Die untersuchten Slogans auf den Fahrzeugen sind ein Baustein unter vielen in einer breit angelegten staatstragenden Erziehungskampagne. Wie viel Beachtung sie auch immer tatsächlich finden mögen, sie sind bezeichnend für das Verhältnis zwischen Regierung und Bevölkerung in den zentralasiatischen Republiken. Continue Reading →

tajikfilm & 2shanbe

wer gerne tadschikische filme im netz sehen möchte, dem wird seit kurzem geholfen. 36 neueste und ältere (Sowjet-) Tadschikische Filme verschiedener Genres werden hier bisher online angeboten. Ovora (“Der Vagabund”) von Gulandom Muhabbatova und Daler Rahmatov (2005) ist einer der neueren Filme, die sich poetisch mit der schwierigen Situation der alleingelassenen Familien tadschikischer Arbeitsmigranten auseinandersetzen (leider wird hier durchaus landestypisch eine Russische Synchronstimme recht unmotiviert über das tadschikische Original gesprochen, was dem Hörvergnügen durchaus abträglich ist). Zu den bekanntesten Filmen im Angebot gehören Luna Papa von Bakhtiyor Khudoinazarov (1999) und der Sowjetische Klassiker Nisso (1979) von dessen Vater Davlat Khudoinazarov. Aber auch die tadschikische Version von Shrek ist auf dieser Seite abrufbar.

… und dann zersplittern beide unter lautem Gelächter!


Ein Beitrag von Michael Angermann

Am frühen Morgen sieht Mann sie das erste Mal auf der Straße, in Rot und Orange trägt Frau sie durch Chorog, der Hauptstadt der Autonomen Region Berg-Badachschan im Osten Tadschikistans. Schnell tuschelt sich die Neuigkeit durch den kleinstädtischen Sommermorgen: chinesische Händler sind gekommen. In großer Anzahl setzen sich Menschenmassen in Bewegung und überqueren die Gunt, die nur wenige Kilometer flussabwärts in den afghanisch-tadschikischen Grenzfluss Pjandsch mündet, um sich dann auf einem abenteuerlichen Pfad zum Gelände eines ehemaligen LKW-Hofs hinaufzuwinden. Ein orange-rotes Farbenmeer quillt ihnen entgegen.

Chinesischer Markt in Chorog Continue Reading →

Polygamie und Rechtssicherheit

Ganz selten wird das Problem, dass in den meisten islamische Ländern Polygamie verboten ist und doch ein alltägliches außerbehördliches Phänomen darstellt, mal aus der Sicht der Betroffenen geschildert. Die Literatur, die hierzu zu finden ist, ist rar. Nun hat Shamsiya Qasim, Korrespondentin für den persischen Zweig des BBC eine Reportage veröffentlicht. Hier geht sie den 30 % illegalen Ehen nach, die in Tadschikistan geschlossen wurden und zeigt das Dilemma eines Staates, eine Verfassung importiert zu haben, ohne sie den Gegebenheiten des Alltages anzupassen.

Ein Tag auf dem Dorf

(od) Selten bringt das news Portal Ferghana.ru längere Hintergrundartikel in englischer Sprache heraus. Oft sind es kurze Meldungen aus Politik und Zeitgeschehen. Deshalb ist es um so bemerkenswerter, dass neulich ein Artikel über den Alltag von Kindern in einem Dorf im Norden Tadschikistan in englischer Sprache erschien. Tilav Rasul-zade zog für ein paar Tage nach Matchi, in den Sogd Bezirk, der früher Leninabader Bezirk hieß und beobachtete den Alltag der Kinder. Nachzulesen ist er hier.

Mordekhai Bachaev – “1918”

[inspic=323,,,0] Im März 2009 jährt sich zum zweiten Mal der Tod des herausragenden bucharisch jüdischen Literaten, Publizisten und Intellektuellen Mordekhai Bachaev, auch bekannt unter dem Pseudonym Muhib (“der Freund“). Thomas Loy arbeitet an einer Übersetzung seiner Memoiren Dar Juvol-i Sangin (“Im steinernen Sack“) und stellt im Folgenden einen kurzen Ausschnitt daraus vor. Die Memoiren bestehen aus zwei Bänden. Band 1 behandelt die Jahre 1918 bis 1938 und beschreibt mittels Rückblenden und oralen Traditionen auch das vorsowjetische Leben der bucharischen Juden. Der zweite Band beginnt mit der Verhaftung des jungen Intellektuellen und handelt von den Jahren seiner Gefangenschaft in Taschkent und nach seiner Verurteilung in einem Lager im Ural 1938-1945.

kokandteehaus.jpgDas hier vorgestellte Kapitel fasst kurz die Ereignisse und Erlebnisse der Familie Bachaev in der Stadt Kokand im Jahr 1918 zusammen. Mordekhai war zu diesem Zeitpunkt gerade sechs Jahre alt. Sein Vater war knapp zwei Jahre zuvor mit seiner Familie aus Marv in das administrative Zentrum der Provinz “Ferghana” gezogen. Das Ferghanatal ist nach der Russischen Eroberung in den späten 1860er Jahren zum führenden Baumwollproduzenten für die zarische Textilindustrie ausgebaut worden und war auch Mitte der 1910er Jahre noch eine attraktive Boomregion. Einige der im Ferghanatal ansässigen bucharisch Jüdischen Familien (etwa die Vaid’iaev Brüder, die Simkhaevs, die Poteliakhovs und die Davidovs) gehörten zu den wohlhabendsten und umsatzstärksten Unternehmern des Russischen Reichs. Continue Reading →

Tadschiken zahlen ihre Schulden zurück, die US Amerikaner nicht… Warum?

Einen kleinen Artikel über Kleinkredite in Tadschikistan hat Boris Mordkovich verfaßt. Er arbeitet bei einer NGO, die an Kleinunternehmer Mikrokredite vergibt. Für diese NGO war er für zehn Wochen in Tadschikistan und erklärt uns, wie das geht, dass man einem Unternehmen dort 300 Dollar in die Hand gibt und das ein paar Wochen später diese wieder zurück gibt. Das statistische Rückzahlungsverhältnis ist dabei das Ganze Gegenteil der Zahlungsmoral der US Amerikaner. Tja, dann hätten wir wohl auch keine Finanzkrise jetzt …

(via)

Wolfgang Lentz – Mit Phonograph und Kamera bei den vergessenen Völkern des Pamir. Der Sprachensammler und die Technik (1)

Landschaft im Pamir, Foto Zeitbild

Ein Beitrag von Thomas Loy

“Lentz ist eine gedrungene Gestalt, auf der ein Rundkopf mit verschmitztem Gesichtsausdruck thront. Obgleich mit allen Wassern der Schriftdeutung gewaschen, ist er kein Stubengelehrter, denn am Bilde seiner Persönlichkeit haben auch weltliche Wasser gemodelt.” So jedenfalls sah ihn im Jahr 1928 Willi Rickmer Rickmers, seines Zeichens Leiter der Deutsch-Sowjetischen Alai Pamir Expedition, an der auch der junge Iranist Wolfgang Lentz maßgeblich beteiligt war. (Rickmers 1930:12)

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