Start: Crossroads Asia

Das neu ins Leben gerufene wissenschaftliche Kompetenznetzwerk Crossroads Asia stellt sich am Donnerstag den 7. April in Berlin zum ersten Mal einer breiteren Öffentlichkeit vor.

Der geographische Untersuchungsraum dieses Kompetenznetzwerks … reicht vom östlichen Iran bis Westchina und vom Aralsee bis nach Nordindien” und umfasst somit ziemlich deckungsgleich die von Tethys in den Blick genommenen Regionen. Bei beiden bildet Afghanistan den Knotenpunkt dieser Raumkonstruktion.

Ziel dieser auf vier Jahre angelegten fächerübergreifenden wissenschaftlichen Initiative mehrerer über ganz Deutschland verteilter Institutionen ist es, neue Fragen und Perspektiven an und auf diesen Großraum und die dort befindlichen Gesellschaften zu richten sowie deren Vernetzung zu untersuchen.

Insgesamt 15 Subprojekte sind bei dem vom bmbf finanzierten Großprojekt auf drei thematische Schwerpunkte verteilt. Bei diesen handelt es sich um Konflikt, Migration und Entwicklung.

Die einzelnen Projekte versprechen eine intensive und thematisch breit gestreute Auseinandersetzung mit Themen und Problemen der Region und man darf auf die ersten Arbeitsschritte und Ergebnisse der verschiedenen Forschergruppen gespannt sein.

So sehr diese Initiative zu begrüßen ist, muss man doch die Frage stellen, wie es sein kann, dass eine derart groß angelegte Anstrengung erst jetzt, 2011, zehn Jahre nachdem Afghanistan in Deutschland (zumindest zeitweilig und partiell) ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt ist, ins Leben gerufen wurde. Aber besser spät als nie.

Guten Start!

Nachtrag zum Nachtrag: Was ist Los in Rascht?

Am 4. Januar 2011 haben Spezialkräfte des tadschikischen Innenministeriums im Dorf Runob, unweit von Gharm, Alovuddin Davkatov (bekannt als Ali Bedaki) und sieben weitere Männer aufgespürt und getötet. Ein weiterer Mann wurde festgenommen. Ali Bedaki (und Mullo Abdullo) wurde der Überfall auf den Militärkonvoi im September vergangenen Jahres zur Last gelegt. Einen Bericht über die Militäraktion gibt es hier bei centralasiaonline.
Da hat sich wohl die schrittweise Steigerung der Amerikanischen Unterstützung zur “Terrorbekämpfung” in Tadschikistan seit 2001 ausgezahlt.
“…U.S.-Tajik military relations have incrementally been improving, especially with the National Guard, but also with the Russia-centric Ministry of Defense…”
Der Stand der US Amerikanischen “Security Assistance” für Tadschikistan (Stand Anfang 2010 – Punkt 14-20) ist ebenfalls bei wikileaks veröffentlicht. Laut Medienberichten wird die tadschikische Regierung die Leichname der Getöteten nicht an die Familien zurückgeben. Und auch der Ort wo sie begraben werden/wurden soll unbekannt bleiben.

NEU: Naturtrüber Apfelsaft aus Neustadt

Aus Duschanbe kommend, kurz vor der usbekischen Grenze, muss der Apfelsaftfreund in Neustadt (tad. Shahrinav) links abbiegen. Vorbei am Kulturhaus und einer ausgedienten Aeroflot-Maschine erreicht der Fruchtsaftliebhaber die Produktionsanlage der Natural Product GmbH. Begrüßt wird man vom 25-jährigen Firmeninhaber Iskandar Kholov, der vor vier Monaten aus dem mittelfränkischen Triesdorf nach Tadschikistan zurückgekehrt ist. Dort hat er an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf einen Master in Internationalem Agrarmanagement abgeschlossen und seine Abschlussarbeit den Investitionsmöglichkeiten in die Fruchtsaftverarbeitung Tadschikistans gewidmet. Eine mittelständische Agrarfirma aus Deutschland konnte er von seiner Investitionsidee überzeugen und nun steht er vor seiner Fruchtsaftanlage, mit der seine 10 Mitarbeiter und er in den letzten drei Monaten bereits 70 Tonnen Apfelsaft gepresst haben.

Iskandar Kholv an seiner SaftproduktionsanlageIskandar Kholv an seiner Saftproduktionsanlage

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Was ist los in Rascht? Ein Nachtrag

Genau zwei Monate ist es her, dass in Tadschikistan die heftigsten Kämpfe seit dem Ende des Bürgerkriegs ausbrachen. Am 19. September 2010 wurde im Kamarob-Tal ein Militärkonvoi beschossen und viele, vor allem junge unerfahrene Soldaten kamen dabei ums Leben. Wir fragten, ist Tadschikistan im Strudel der Unruhen? Jetzt scheint sich die Situation im Rascht-Tal beruhigt zu haben. Aber noch immer ist die Mobilfunkverbindung in die Region unterbrochen und auch die Armee ist noch überall präsent.

Dass die Regierung in Duschanbe die Situation zu Nutzen wusste, scheint mittlerweile außer Frage. Es wird sogar vermutet, dass die ganze Aktion (samt vorangegangenem Ausbruch von 25 “Terroristen” aus einem Gefängnis der Hauptstadt) geplant und durchgeführt wurde, um eigene Ziele zu erreichen. Berichte von Augenzeugen aus der Region Gharm und auch ein kürzlich in zwei Teilen publizierter Bericht über die Region und die Ereignisse im September und Oktober diesen Jahres legen diesen Schluss nahe. (Hier geht es zum zweiten Teil des Beitrags über die Region Rascht) Schlagworte wie “Islamisten” und “ausländische Terroristen” werden demnach von Regierungsseite als Alibi benutzt um die eigentlichen Beweggründe für den massiven Militäreinsatz zu verschleiern: Die Herrschaft und Kontrolle über diese zentrale Gebirgsregion weiter auszubauen, potentielle Unruheherde (wie zum Beispiel marginalisierte junge Männer – etwa die zurückgekehrten und ob der wirtschaftlichen Situation in Tadschikistan höchst unzufriedenen Arbeitsmigranten) im Keim zu ersticken, den Druck auf ehemalige Kommandeure und Oppositionskräfte in der Region Gharm zu erhöhen und diese wenn möglich “auszuschalten”. Dass damit gleichzeitig handfeste wirtschaftliche Ziele (wie etwa die Übernahme einer wichtigen Kohlemine) verfolgt werden, ist in Tadschikistan ein offenes Geheimnis.

Daher gibt es in Tadschikistan kein gesteigertes politisches Interesse an einer freien journalistischen Berichterstattung und keine Hoffnung auf eine Klärung der Ereignisse dieses Sommers. Die Menschen werden systematisch eingeschüchtert, ebenso die Medienvertreter. Seit den Militäraktionen stieg auch die Angst vor Repressionen stark an. Kaum jemand traut sich mehr laut etwas politisches zu sagen – schon gar nicht wenn er oder sie aus Rascht kommt – aus Sorge um sich und die seinen. Aber eine Ahnung davon, was da gespielt wird, haben praktisch alle.

Die Menschen in Rasht wissen ganz genau, dass sie bestraft werden, sobald sie gegen die herrschenden Strukturen aufbegehren; von der einen oder von der anderen Seite. Und wenn nicht sie persönlich, dann eben ihre Eltern oder Verwandten.

Leuchtende Zukunft – Eine Bilderserie aus Tadschikistan

Ein Reportage von Wladimir Sgibnev

Am 12. April 2010, um drei Uhr nachmittags, wurde auf Befehl des Präsidenten die Werbekampagne für den Aktienverkauf des Wasserkraftwerks Roghun gestoppt. Mehrere Monate lang wurde die Bevölkerung Tadschikistans mit legalen, halb-legalen und illegalen Methoden angehalten, Aktien für den Staudammbau in Roghun zu zeichnen. Die Gründe für das Ende der Kampagne wurden nicht bekanntgegeben. Wahrscheinlich geschah es auf Druck des Internationalen Währungsfonds, welcher drohte, seine Projekte im Land einzustellen: die Folgen einer solch massiven Entnahme von Bargeld aus dem Wirtschaftskreislauf seien unvorhersehbar. Einer weiteren, sehr inoffiziellen Version zufolge kam des Ende der Kampagne, da die Regierungskreise eine Entwicklung nach dem kirgisischen Szenario befürchteten: hatten doch die blutigen Ausschreitungen des 7. Aprils, die zum Sturz des Bakiev-Regimes geführt hatten, ihren Ursprung ebenfalls in einer starken finanziellen Belastung der Familien in Kirgistan durch stark gestiegene Energiepreise, in Tadschikistan eben durch den Zwangserwerb der Roghun-Aktien.

Das offiziell verkündete Ende der Kampagne bedeutete aber keineswegs, dass der Zwang zum “freiwilligen” Aktienkauf nachgelassen hätte, dass auf einmal die Plakate verschwanden und die Werbesendungen eingestellt wurden. Roghun bleibt nach wie vor das beherrschende Thema in den Zeitungen und dem staatlichen Fernsehen, das ein Korrespondent in “Roghun TV” umgetauft hat:

Nachdem der Bau des Staudammes wieder aufgenommen wurde, und unser Präsident die Kampagne für den Aktienverkauf eingeläutet hat, sendet der Erste Kanal von morgens bis abends Reportagen und Berichte über die Entwicklung auf der Baustelle. Wahrscheinlich geschieht das auf Bestellung der Regierung oder der Leitung des Energieministeriums. Ich weiß es nicht genau, möglich ist es. Es erstaunt mich, mit welcher Sturheit, der Erste Kanal die Gehirne seiner Zuschauer “wäscht” (wahrscheinlich schaut es deswegen niemand mehr), mit den unaufhörlichen Bildern von der Baustelle und den wunderbaren Statistiken des Baufortschritts. Und all diese Sendungen werden von patriotischen Liedern untermalt. (…) Und wenn Roghun einmal fertig ist, was bekommen wir dann zu sehen? Sendungen, wie der Strom hergestellt wird? (Asia-Plus vom 19.05.2010)

Wie sichtbar das Wasserkraftwerk Roghun in Tadschikistan ist, soll anhand einiger Photos dargestellt werden. Und es gibt viel mehr davon – Bücher, T-Shirts, Aufkleber, Kugelschreiber sind noch nicht mitgezählt. Die Aufnahmen entstanden im Frühjahr und Herbst 2010 in Duschanbe, Khujand und der nordtadschikischen Kleinstadt Taboschar. Im Rest von Tadschikistan ist die Dichte der Roghun-Propaganda keineswegs geringer, denn der Staudamm begleitet einen im Land auf Schritt und Tritt.

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Sarvoda – eine Tadschikisch-Amerikanische “Kooperation” oder Kleine Kapitalismusschule

Tadschikisch Amerikanischer Handschlag
Tadschikisch-Amerikanischer Handschlag in Sarvoda; Photo Christine Barthelme 2010

Kurz nachdem man den Anzobtunnel in Richtung Ajni hinter sich gelassen hat durchquert man die kleine Siedlung Sarvoda. Hier, am Zusammenfluss von Yaghnob-Darja und Pasrud-Darja stehen noch die Reste einer Festung aus der Zeit Alexander des Großen. Zur Zeit der Sowjetunion war das daneben liegende Dorf zu einer modernen Bergbausiedlung ausgebaut worden, die nicht von Duschanbe aus verwaltet wurde, sondern direkt Moskau unterstand. Heute haben amerikanische Investoren alle Förderanlagen übernommen. Die Wohnblöcke der Arbeiter, die Sportanlagen, die Musikschule, die Heizkraftwerkruinen und das örtliche Kino aber rotten seit dem Ende der Sowjetunion vor sich hin. Continue Reading →

Tadschikistan im Strudel der Unruhen

So jedenfalls lautet eine Schlagzeile der tadschikischen Zeitung Ozodagon vom 15. September 2010. Vier Tage später kamen in der Region Rascht, ca. 180 Kilometer östlich von Duschanbe, bei einem Angriff auf einen Militärkonvoi im Kamarobtal zwischen den Dörfern Schulmak und Schule mindestens 25 Soldaten ums Leben. Seitdem brodelt in Duschanbe die Gerüchteküche.

Fahndung im Stadtbus in DuschanbeFahndung nach den ausgebrochenen Gefängnisinsassen im Stadtbus in Duschanbe

Von einem heißen Sommer und Herbst in diesem Jahr munkelte man in Tadschikistan bereits seit längerem. Und nach dem spektakulären Ausbruch von über zwanzig Gefangenen aus einem Hochsicherheitsgefängnis des Staatlichen Komitees für Nationale Sicherheit in der Hauptstadt (Ende August), einem Selbstmordanschlag auf eine Station der Behörde für die Bekämpfung organisierter Kriminalität in Chudschand (Mitte September, der erste Selbstmordanschlag in Tadschikistan überhaupt) reißen auch in der tadschikischen Presse die Spekulationen darüber nicht ab, wer hinter diesen Taten steckt und welche Ziele eventuell damit verfolgt werden. Genaues aber weiß man nicht. “In Gharm wird gerade gekämpft” sagen die Leute auf der Straße. Die Zeitung Pajkon (22.09.) titelt “Ist in Gharm Krieg ausgebrochen?” Vorsichtshalber wurde die Stadtbevölkerung gebeten, nach 22 Uhr nicht mehr auf die Straßen zu gehen.

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Die Tragetasche Mittelasiens: Eine Liebeserklärung an A&C “AYGEN COLLECTION” STYLED IN ITALY

Ein Beitrag von Michael Angermann

Die Tragetasche in der TotaleDie Tragetasche im gebührenden Sonnenschein

Da hängt sie nun an einer kalten Hand irgendwo im winterlichen Kiew. Ihre Freunde sind weit weg. Die tummeln sich vornehmlich in Mittelasien. Wenig ist über sie bekannt. Ihr künstlerischer Geburtsort soll in Italien liegen, zumindest verkündet das die Aufschrift “Styled in Italy”. Eine italienische Schuhkollektion soll es ursprünglich gewesen sein. Die Betonung liegt auf “soll”. Ihre wahre Herkunft verschleiert sie. Die liegt wahrscheinlich ursprünglich in Tschirtschik bei Taschkent, doch heutzutage vor allem irgendwo im Reich der Mitte. Continue Reading →

Toll-Verpacktes aus Zentralasien

Ein Beitrag von Michael Angermann

Zentralasien ist in der westlichen Welt kaum bekannt für seine Warenkultur. Gerade mal der ökologisch orientierte Konsument kann Trockenfrüchte aus Usbekistan in Schokoladenform erwerben und der IKEA – Kunde Bettlaken aus Turkmenistan.

Zotter_Ikea

Mehr Waren mit Herkunftsangabe bekommt der westliche Endverbraucher nicht zu Gesicht. Schade, denn einige Spezialitäten und Kuriositäten sollten nicht nur die Regale und Basare der zentralasiatischen Region zieren.

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