Willi Rickmer Rickmers und Die deutsch-sowjetische Alai-Pamir Expedition von 1928

Ein Beitrag von Thomas Loy

[inspic=488,,,400] In diesem Jahr jährte sich zum 80sten mal eine von der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft finanzierte Forschungsreise auf das so genannte Dach der Welt – die gemeinsame, transdisziplinäre deutsch-sowjetische Alai-Pamir Expedition. An dieser Stelle sei noch einmal an diese generalstabsmäßig geplante und hervorragend besetzte wissenschaftliche Großunternehmung erinnert.

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Tadschikistan – die bleierne Zeit

Blick auf den Präsidentenpalast

Seit den Präsidentschaftswahlen bewegt sich hier praktisch gar nichts mehr”. Diese resignierte Feststellung eines Mitarbeiters der Europäischen Kommission in Tadschikistan bilanziert die Entwicklungen seit November 2006. Allerdings scheint diese inoffizielle “internationale” Erkenntnis die allgemeine Stimmung im Land erst verspätet aufzunehmen. Bereits im Jahr vor den Wahlen 2006 war in der tadschikischen Bevölkerung flächendeckend die Hoffnung der frühen Nachkriegsjahre auf eine schrittweise Verbesserung vor allem der wirtschaftlichen Lage verflogen. Es wurde immer deutlicher, dass sich auf absehbare Zeit an dem durch den Friedensschluss 1997 etablierten Machtgefüge nichts mehr grundlegendes ändern würde. Alle Claims waren abgesteckt und den an der Macht befindlichen Eliten gelang es im Laufe der Zeit, auch starke interne Widersacher auszuschalten. Anfänglich durch gezielte Gewalt, dann immer mehr durch “rechtsstaatliche”. Seither werden Positionen innerhalb des Staatsapparats bis in die untersten Ebenen mit Vertretern aus den eigenen Reihen besetzt. Continue Reading →

Nachruf auf ein religiöses Gebäude

Ein Beitrag von Thomas Loy

[inspic=412,,,0] Jetzt ist der Blick endgültig frei auf den neuen Präsidentenpalast in Duschanbe. Mitsamt den letzten Resten der ehemaligen jüdischen Mahalla hinter dem Putovski (jetzt Barakat) Basar ist auch die einzige Synagoge in Duschanbe abgerissen worden. Bereits im Sommer 2006 hatten Regierungsbulldozer das ehemalige jüdische Badehaus (Miqve) und eine der Synagoge angegliederte Wohnung zerstört, um Platz zu schaffen für einen neuen Zufahrtsweg zum damals noch im Rohbau befindlichen Palast des damals noch Rahmonov genannten Präsidenten. Continue Reading →

shí, jiǔ, bā, qī, liù, wǔ, sì, sān, èr, yī, líng oder wie China Tadschikistan verbindet


Ein Beitrag von Michael Angermann

shí, jiÇ”, bā, qÄ«, liù, wÇ”, sì, sān, èr, yÄ«, líng…

[inspic=352,,,0]

Nach ein paar Sekunden ertönt ein lauter Knall hoch über dem Tal des Fan-Flußes, so ziemlich in der Mitte zwischen dem nördlichen und südlichen Teil Tadschikistans, zwischen der zweitgrößten Stadt des Landes Chudschand und der im Süden gelegenen Hauptstadt Duschanbe. Gesteinsbrocken wirbeln durch die Luft. Während ein Wolgafahrer noch ein paar Meter vorfährt, um den fliegenden Lackkillern hinter sich zu entgehen, verfolgt ein Vater mit seinem zweijährigen Sohn auf dem Arm das Geschehen aus unmittelbarer Nähe, zusammen mit ein paar Dutzend interessierten Beobachtern. Continue Reading →

Auf der Suche nach dem Schwager des Präsidenten

Ene, mene, miste,
es rappelt in der Kiste.
Ene, mene, meck,
und du bist weg?

“Oriyonbonk head alive and in good condition, deputy Oriyonbonk head says”

Gegenwärtig sind in Tadschikistan Verschiebungen der Machtaufteilung zu beobachten, die mit Shakespears Königsdramen konkurrieren. Oder mit lateinamerikanischen Soaps.
Die in Duschanbe ansässige Zeitung Asia-Plus dementiert auf ihrer Internetplattform Gerüchte über einen angeblichen Mord am Direktor der tadschikischen Oriyonbank, Hasan Asadullozoda [Hasan Sadulloev]. In der Meldung bleibt jedoch unerwähnt, dass es sich bei Asadullazoda um den aufstrebenden Schwager des tadschikischen Präsidenten handelt, neben dem Präsidenten eine der einflussreichsten Figuren im Tadschikischen Machtgefüge. Continue Reading →

Muhib (1911-2007)

(Zum ersten Todestag eines großen bucharisch-jüdischen Schriftstellers von Thomas Loy)

1927 betrat ein 16 jähriger Junge die Redaktion der seit kurzem in Samarkand erscheinenden Bucharisch Jüdischen Wochenzeitschrift Rushnoi (Licht / Erleuchtung). In der Hand hielt er seine ersten selbstverfassten Gedichte. Der verantwortliche Redakteur hieß Mordekhai ben Hijo Bachaev willkommen und versprach, die Ghazelen in einer der nächsten Ausgaben der Zeitung abzudrucken. Ein Jahr später war der junge Bachaev festes Redaktionsmitglied und veröffentlichte bereits regelmäßig unter dem, aus den Anfangsbuchstaben seines Namens gebildeten Pseudonym Muhib (Der Freund). Es war der Beginn einer viel versprechenden Karriere als sowjetischer Intellektueller. Continue Reading →

Ashki Bulbuli Pomiri — Der Pamir und die Tränen der Nachtigall

Erinnerung an Prof. Dodkhudo Karamshoev (Khudo rahmati) von Thomas Loy

Als Dodkhudo, der Sohn von Karamsho, 1932 in dem kleinen, zwischen Rushan und Khorog gelegenen Bergdorf Bajuv zur Welt kam, da hatte die Zeit sich bereits gewendet. Tadschikistan war seit gut zwei Jahren eine “eigenständige” Sowjetrepublik und seine Regierung schickte sich an, die zu ihr gehörenden Teile des Pamirs an das Sowjetische Straßennetz anzuschließen. 1934 erreichten die ersten Fahrzeuge von Kirghistan aus die Gebietshauptstadt Khorogh und fünf Jahre später landeten die ersten Kleinflugzeuge auf dem Sowjetischen Dach der Welt. Continue Reading →

BLEKAUT – immer schön in Bewegung bleiben

(Ein Beitrag von Michael Angermann)

Es gibt ihn – den werktätigen Tadschiken in der Hauptstadt Tadschikistans, der nach einigen Jahren im russischen gastarbejter-Exil wieder zurück in der Heimat sein Brot verdient. Er steht früh am Morgen auf, fährt mit dem Oberleitungsbus zur Arbeit, verrichtet sie aufrichtig, nimmt eine warme gehaltvolle Mittagsmahlzeit ein und kommt am frühen Abend in seiner wohligen Neubauwohnung mit der Familie zusammen. Damit endet der Tag und es folgen noch zahlreiche Tage, dann ist auch schon der Winter nah und der erste Schnee ziert die Wipfel der Platanen auf dem Prachtboulevard der Hauptstadt – Duschanbe. Continue Reading →

Was heißt hier Wandern?

(Ein Beitrag von Andreas Mandler)

In der jüngst erschienenen monumentalen OSTEUROPA-Ausgabe zu Zentralasien stellen die Herausgeber fest: “Das heutige Zentralasien ist weitgehend terra incognita”. Das trifft für Wanderfreunde/innen nicht ganz zu, denn so groß und breit und hoch die Länder Zentralasiens sind, so gibt es doch eine Vielzahl detaillierter Reisebeschreibungen, d.h. von Reisen zu Fuß.

Anders als in rasch wechselnden Bereichen wie Politik, Energie oder Soziales, bleiben die Wege und Ziele beim Wandern weitgehend gleich. Nur sind sie nicht immer einfach aufzufinden. Aufgrund der gemeinsamen Jahre im Sozialismus, gibt es auf Deutsch relativ viel Literatur zum Wandern und Bergsteigen in Zentralasien. Einen großen Anteil an der Existenz dieser Reisebücher haben der Berliner Sportverlag und der Verlag F.A. Brockhaus Leipzig. Zwischen 1960 und 1980 erschienen in diesen Verlagen verschiedene Ãœbersetzungen aus dem Russischen von Alpinisten oder wandernden Wissenschaftlern. Continue Reading →

Ravshan und Dzhumshut

(Beitrag von Olim devona)
Es war Frühling, es waren 32 Grad im Schatten, die Erdbeeren waren schon von den Basaren verschwunden — wurden von den Kirschen und Aprikosen verdrängt… Ich saß mit ein paar Freunden in einem Taschkenter Cafe für Sprösslinge neureicher Familien in der Nähe des Lehrerbildungsinstituts an der gleichnamigen Strasse. Der neueste Schrei dieses Cafes hieß Videounterhaltung mit Beamer an einer Hauswand im Freisitz. Die Sendung, die über Videorecorder eingespielt wurde, hieß Nasha Russia und hatte, wie ich später erfahren sollte, Kultstatus erreicht. Continue Reading →