Afghanistan: Innen und außen – ein Gespräch Teil2

Zeichnung einer Kalasha und ihres Sohnes 1991 - copyright Karl Wutt

Zeichnung einer Kalasha und ihres Sohnes 1991 – copyright Karl Wutt

Karl Wutt im Gespräch mit Christian Reder – Teil 2:

Das Gespräch über Afghanistan und das “was wir sehen” ist dem Buch AFGHANISTAN von innen und außen – Welten des Hindukusch (Springer Verlag 2010) entnommen. Wir drucken Teile dieses Gesprächs mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers Christian Reder auf tethys ab. Das Hauptaugenmerk des Bandes liegt auf den Pashai und den Kalasha, die Karl Wutt auf seinen Reisen nach Afghanistan und angrenzende Regionen seit den frühen 1970er Jahren immer wieder besucht, beschrieben und porträtiert hat.

“Afghanistan von innen und außen berichtet von vielschichtigen Erfahrungen im Land und subtilen Qualitäten, wobei ein weites kulturelles Umfeld einbezogen wird. Erzählungen, Porträts, Fotos wunderbarer Architekturen und Schnitzereien oder durch ihren Eigensinn faszinierende Zeichnungen machen Lebensweisen im Übergang von Tradition zu unabsehbaren Formen von ‘Moderne’ anschaulich.” (Klappentext)

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Afghanistan: Innen und außen – ein Gespräch Teil1

Wutt_Afghanistan TitelAbseits der Hysterie und des Auf und Ab medialen Interesses an Afghanistan erschien 2010 ein Buch, das unserer Meinung nach bisher viel zu wenig Aufmerksamkeit erfuhr. Karl Wutt: Afghanistan von innen und außen – Welten des Hindukusch. Zu wenig Aufmerksamkeit? Verständlich, da Karl Wutt, der sich seit den frühen 1970er Jahren intensiv mit den Gesellschaften und Kulturen Afghanistans und Pakistans beschäftigt, noch immer einen unaufgeregten und sehr genauen Blick auf den Alltag, die Dinge und die Menschen dieser Region richtet und damit die Masse der kurzatmigen politisch und militärisch motivierten journalistischen und akademischen “Berichterstattung” des letzten Jahrzehnts unterläuft und desavouiert. Die Texte und die in den letzten 40 Jahren entstandenen Fotografien und Zeichnungen Wutts führen den Leser und Betrachter ein in die Lebenswelt der Paschai und Kalascha. Gleichzeitig reflektiert Karl Wutt stets seine Rolle als Reisender, Gast und Beobachter. Der von Christian Reder herausgegebene Gegenentwurf zu den medial vermittelten und zunehmend gröber gewordenen Eindrücken von Afghanistan bietet eine erfrischende und inspirierende Lektüre, vor allem für diejenigen, die etwas von fremden Kulturen verstehen wollen oder gar mit dem Gedanken spielen selbst etwas über fremde Welten schreiben zu wollen.

Wir veröffentlichen auf tethys in zwei Teilen das dieses Buch einleitende Gespräch des Herausgebers mit dem Autor. Warum? Weil es uns beeindruckt und wir hoffen, dass es unseren Lesern Lust macht auf mehr: Afghanistan von innen und außen.

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Die Verflechtung der Welt

Ein Beitrag von Olim devona

Luzerne

Mit freundlicher Genehmigung von Anne Tanne

Anfang des 20. Jahrhunderts gehörte das rechte Flussufer des Amudarja zum russländischen Generalgouvernement Turkestan. Aus dieser Region des Russischen Reichs hörte man damals im Westen recht wenig. In zeitgenössischen Berichten russischer Reisender auf ihrem Weg nach Chorezm oder in die weiter südlich gelegenen Chanate, nach Afghanistan, Indien oder in den Iran, findet sie nur beiläufig Erwähnung. Da die Deltaregion des Amudarja nicht so voller eindrücklicher Monumente war, wie die südlicheren Wüstenstädte Chiwa oder Buchara, war das Interesse am Delta gering. So blieb das Amudarja Delta und die vielen dort lebenden Volksgruppen, die in lebhaften Auseinandersetzungen mit ihren Nachbarn Handel trieben oder stritten und deren Leben auch durch die Launen der Wasser des Amudarja in Bewegung gehalten wurde, lange Zeit weitgehend unbekannt.

Aus dieser Region ist folgende Geschichte überliefert:
Etwa 1905 oder 1906 wurde aus Russland im Amudarja-Delta die Futterpflanze Luzerne eingeführt, für die die Region um Čimbaj ideale Bedingungen bot. Anfangs deckte die Gewinnung der Luzernensamen nur den Bedarf der lokalen Bevölkerung, doch schnell wurden mehr und mehr Überschüsse produziert.

Die Luzerne oder Alfalfa (Medicago sativa) ist eine aufrecht wachsende, krautige und mehrjährige Pflanze aus der Familie der Hülsenfrüchtler (Fabaceae, Leguminosen). Sie wird weltweit im großen Maßstab als Futterpflanze für Tiere angebaut. Man schätzt, dass sie vor Jahrtausenden vom Menschen in Kultur genommen wurde, vermutlich in den Trockengebieten Zentralasiens, wo sie auch heute noch wild vorkommt. Aufgrund ihres guten Futterwertes wurde sie vom Menschen rasch in andere Länder verbreitet, und war bereits bei den alten Persern und Ägyptern bekannt.
Wie die meisten Arten der Leguminosen lebt auch die Luzerne in Symbiose mit Wurzelknöllchenbakterien. Mit Hilfe dieser Mikroorganismen können die Luzerne-Wurzeln den für Pflanzen so wichtigen Stickstoff nicht nur aus dem Boden, sondern auch aus der Luft binden, was ihr den Vorteil verschafft, dass sie auch auf nährstoffarmen Böden gedeihen kann.

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Before Taliban

Eine Buchvorstellung von Th. Loy

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Vor den Taliban? So lautet der Titel eines der wohl lesenswertesten Bücher, das in den letzten Jahren zu Afghanistan herausgegeben wurde. Und es wurde viel herausgegeben in den Jahren seit 2001. (Alleine im Katalog der Berliner Staatsbibliothek sind unter dem Schlagwort “Afghanistan” 387 Bücher gelistet, die zwischen 2001 und 2010 erschienen sind; davon 217 auf Englisch und 81 auf Deutsch). Bezeichnenderweise wurde “Before Taliban” schon geschrieben, bevor die Taliban durch den Kriegszug der Amerikaner und ihrer Verbündeten von der Macht in Kabul verdrängt wurden. Das Buch wurde also geschrieben, bevor Afghanistan ein Topthema wurde und von Heerscharen selbsternannter Afghanistan-Experten in allen Medien, Genres und Gattungen niedergeschrieben wurde. Continue Reading →

Publikation zur Dari-Literatur im 20. Jahrhundert

Vor kurzem erschien ein Buch, auf das die Tethys-Redaktion gerne alle an Afghanistan interessierten Leser aufmerksam machen möchte. Die Erzählprosa der Dari-Literatur in Afghanistan 1919-1978 von Dr. Sayed Hashmatullah Hossaini gibt einen einzigartigen Überblick über die bis zur sogenannten April-Revolution auf Dari publizierte Erzählprosa. Neben einer historischen und thematischen Einordnung dieser im Vergleich zur Dichtung jungen und auf europäische Vorbilder zurückgreifenden Entwicklung innerhalb der Afghanischen Literatur, findet man in diesem Werk Kurzcharakterisiken zahlreicher Autoren und ihrer Prosawerke.

Les kolkhozes d’Allah — Die Kolchosen Allahs

Konferenzankündigung: Die Wiederbelebung des Islam in der ländlichen UdSSR, 1950-2010: Interregionale Vergleiche.
Internationale Konferenz des MI-Projekts,
22. January 2010
Institut für das Studium des Islam und den muslimischen Gesellschaften in der Welt
96, boulevard Raspail – F-75006 Paris – Zimmer & Maurice Denys Lombard

NB – Konferenz in Französisch und Russisch mit Simultanübersetzung

Programm

09.00 Uhr: Begrüßung durch Frau Nathalie Clayer, Forschungsdirektor am CNRS, Leiter des Zentrums für Türkeistudien, osmanische, auf dem Balkan und Zentralasien (CETOBAC: CNRS / EHESS / College de France)

9.10 Uhr: Rede von Herrn Henry Zipper de Fabiani, Botschafter von Frankreich in Tadschikistan

09h20: Eröffnung der Sitzung durch Herrn Stephan MERL, Professor an der Universität Bielefeld, Projekt-Berater

Session 1

09.30 Uhr: Vorstellung des Projekts von Stéphane A. DUDOIGNON (CNRS / CETOBAC, Paris) und Christian Noack (National University of Ireland Maynooth), Projektleiter

10.00: Erste Ergebnisse der Arbeit vor Ort in Usbekistan und Kasachstan (Bakhtyar Babadjanov Institut Biruni, Taschkent Rinat SHIGABDINOV, Institut für Geschichte, Taschkent Ashirbek Muminov, Institut für Orientalistik, Almaty)

11:15 Uhr: Kaffeepause

Session 2

11:30 Uhr: Diskussion

12.00: Erste Ergebnisse der Feldforschung in der Wolga-Ural (Marsil FARKHSHATOV, Research Center der Ufa, Ilnur MINNULLIN, Marjani Institut für Geschichte, Kazan Christian Noack, National University of Ireland Maynooth)

12.45: Diskussion

13.15: Mittagessen (kostenlos)

Session 3

14.30 Uhr: Erste Ergebnisse der Feldforschung in Tadschikistan (Sergei Abashin, Institut für Ethnologie, Moskau, Stéphane A. DUDOIGNON, CNRS / CETOBAC, Paris; Abdullo Hakim, Center for Strategic Studies, Douchanbeh; Faridun HODI-Zoda, Zentrum für Religion & Dialog Douchanbeh; Parviz MULLOJANOV, Zentrum für die Entwicklung von Tadschikistan, Douchanbeh; Sayyid Ahmad Qalandar Information Center Sipehr, Douchanbeh)

15.30 Uhr: Diskussion

16.00 Uhr: Kaffeepause

Session 4

16.15: Erste Ergebnisse der Feldforschung in den Nordkaukasus (Vladimir Bobrovnikov, Orientalisches Institut, Moskau); Schamil SHIKHALIEV, Institut für Geschichte, Machatschkala, Achmet YARLYKAPOV, Institut für Ethnologie, Moskau)

17.00 Uhr: Diskussion

17:30 Uhr: Schluss-Sitzung

Sibirien in Paris

Manche Netzwerke gründen sich, andere sterben, wieder andere feiern Auferstehung. Ich weiss nicht genau, wie es sich mit dem Netzwerk für Sibierienstudien und Mongolistik “Junniper” verhält, jedenfalls ist es zu neuem Leben erwacht. Wahrscheinlich liegt es daran, dass sich in Paris niemand vernetzen muß. Alle wichtigen Forschungseinrichtungen sind in der Stadt vertreten, man trifft sich eh andauernd auf irgendwelche Konferenzen. Nur die elektronische Vernetzung tut hier Not, da diese manchmal auch hinter den Stadtmauern hilft.

Wer sich also für den nordzentralasiatischen Raum interessiert, der beobachte das Netz doch mithilfe seines Blogs aufmerksam. So z.B. gibt es eine außergewöhnliche Konferenz am 3. Dezember: “Heilige Praktiken in vergleichender Perspektive (Sibirien und Mittelamerika)“. Organisiert wird es von den besten Mongolisten der Republik, allen voran die Grand Dame Roberte Homayon, daneben andere Kollegen aus der berühmten École pratique des Hautes Études, Paris.

Sommerschule ‘Mensch, Umwelt, Interaktionen entlang der Seidenstraßen

Der DAAD (Programm GoEast) vergibt Stipendien für die Interdisziplinäre Sommerschule “Mensch, Umwelt, Interaktionen entlang den Seidenstraßen“, die in Kirgistan vom 2.- 18. August 2009 stattfindet. Die Bewerbungsfrist für die Sommerschule, wie auch für das Stipendium wurde verlängert bis 30.6.09!

Unterlagen für die Bewerbungen für die Sommerschule:

  • tabellarischer Lebenslauf und Motivationsschreiben

Unterlagen für die Bewerbungen für das Stipendium:

  • tabellarischer Lebenslauf + Motivationsschreiben + Bewerbungsformular + Zulassungsbestätigung (email)

Es ist ausserdem möglich, ein kostenloses Visum zu bekommen!

Hier der text der Ausschreibung:

Der DAAD Go East vergibt Stipendien für die Teilnahme an der Interdisziplinären Sommerschule
 Mensch Umwelt Interaktionen entlang den Seidenstraßen Kirgistan, 2.- 18. August 2009

Gefördert werden 18 Studierende deutscher Hochschulen aus den Fachrichtungen Ethnologie, Archäologie und Geowissenschaften. Voraussetzungen: – Deutsche Staatsangehörigkeit (bzw. Gleichstellung mit deutschen Staatsangehörigen nach §8 Abs. 1 Zif 2 und Abs 2 Bafög) – ausgeprägtes Interesse an der Region und dem Leben jenseits der
Hauptstädte; hohe Anpassungsbereitschaft (die Unterbringung erfolgt größtenteils in Privathäusern und kleinen Pensionen, die nicht europäischem Standard entsprechen.) – Lebenslauf und Motivationsschreiben an das DAAD-Informationszentrum Bischkek – gute Englischkenntnisse Inhalte: Der Mythos Seidenstraße hat in letzter Zeit zunehmend an Aktualität gewonnen. Von besonderem Interesse für die Geistes- und Sozialwissenschaften sind dabei die Fragen nach den vielfältigen Wechselbeziehungen zwischen Menschen und ihren jeweiligen Umwelten. Die Sommerschule wird diese Mensch-Umwelt-Interaktionen aus archäologischer, geowissenschaftlicher und ethnologischer Sicht beleuchten. Im Zentrum stehen Fragen nach der
Anpassung des Menschen an seine Umwelt: so geben archäologische Ausgrabungsfunde Aufschluss über geschichtliche Anpassungsleistungen, Geowissenschaftler untersuchen die Bedeutung von kurz- und langfristigen Umweltveränderungen auf den Menschen, während Ethnologen Kultur- und Wirtschaftsformen innerhalb der durch die Umwelt vorgegebenen Möglichkeiten erforschen. Die interdisziplinäre Sommerschule bringt diese sich ergänzenden und einander bereichernden Fachperspektiven zusammen. Ein Vortragsprogramm führt in das Thema ein und vermittelt den interdisziplinären Ansatz der Sommerschule.

Auf Exkursionen werden anschließend anhand zweier völlig unterschiedlicher Regionen Forschungsfragen praktisch erarbeitet. So
belegen archäologische und geologische Funde im nördlichen Gebirgsraum Kirgistans die Wechselbeziehungen zwischen Mensch und Umwelt. Hier spielen auch heute noch Viehwirtschaft und Traditionen des Nomadentums eine wichtige Rolle. In den Ebenen Südkirgistans dagegen dokumentieren Architektur und Wohnformen die frühe Sesshaftigkeit und Islamisierung der Bevölkerung.
Hier werden wir u.a. den Einfluss traditioneller und moderner Bewässerungsformen studieren. Unterbringung und Verpflegung erfolgt meistens in Privathäusern bei Familien; wo das nicht möglich ist, werden einfache Pensionen gewählt. Zeitplan: 02.05.08 2009: Bischkek: Vorlesungen; Exkursionen zu Ausgrabungen und Canyons in der Region 06.-11.08.
2009: Issyk-Kul-Region, Nordkirgistan 13.-17.08.2009: Ferghana-Tal, Südkirgistan Kursgebühren und sonstige Kosten: Für die Teilnahme werden Kursgebühren von 650,- Euro fällig. Die werden für DAAD- Stipendiaten direkt an die Organisatoren der Sommerschule überwiesen.

DAAD-Stipendium: Der DAAD gewährt ein Stipendium in Höhe von 1700‚¬ pro Teilnehmer, das sich folgendermaßen zusammensetzt: Reisekostenpauschale: 725‚¬; Teilstipendium: 325‚¬ / Kursgebühren: 650‚¬. Es ist eine Eigenbeteiligung von mindestens 500 EUR einzuplanen.

30 Jahre britische Fotografie in Tibet

tibetalbum1.jpgDas Pitt Rivers Museum hat eine interessante Seite im Netz zu laufen, auf dem jeden Tag neues Material hochgeladen wird: Fotografien und Hintergrundinformationen zu Tibet von Seiten Britischer Sonderbeauftragter und Handelsreisender vor dem Einmarsch der Chinesen und der Flucht des Dalai Lama. Neben mehr als 6000 Fotos aus den verschiedensten geographischen Gebieten und Sinnprovinzen in Tibet, sind sogar Tagebücher transkribert worden, die den (britischen) Alltag in Tibet näher beleuchten. Ein ambitioniertes Projekt mir kollaborativem Anspruch.

Am interessantesten hier vielleicht die Fotos eines tibetischen Fotographen, Rabden Lepcha, eines Assistenten vom englischen Tibetologen und Fotographen Charles Bell, der ihn 18 Jahre begleitete.