Orte der Liebe, Orte zum Heiraten, Bischkek 2009

Vorbemerkung: Die erste Variante des Beitrages erschien unvollständig. Deswegen veröffentlichen wir ihn jetzt nocheinmal.

Ein Text von Wladimir Sgibnev, 2009

[inspic=619,,,0]Bei einem Spaziergang durch die Parks der zentralasiatischen Hauptstädte sind sie nicht zu verkennen: die vielen jungen Pärchen, die nach Unterrichtsschluss in den Unis ihre Zeit händchenhaltend beim Spazierengehen verbringen oder die Sitzbänke bevölkern. Das russische Verb “gulat’ ” heißt je nach Situation “spazieren gehen”, “feiern” oder eben “zusammen sein”. Hier in den Stadtparks wird die ganze Bandbreite dieses Worts sichtbar. Was in ländlichen Gebieten undenkbar ist, ist im modernen Bischkek alltäglich.

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Spendenaufruf der Deutsch-Tadschikischen Gesellschaft e.V.

Kurz vor den Weihnachtsfeiertagen wollen wir Sie gerne hinweisen auf einen Spendenaufruf der Deutsch-Tadschikischen Gesellschaft für ein Schulinternat für Waisenkinder in Südtadschikistan:

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde und Sympathisanten der DTG e.V.,

hiermit erlauben wir uns, einen vorweihnachtlichen Spendenaufruf zu starten. Unserer Anliegen ist die Reparatur und Ausrüstung eines Schulinternats für Waisenkinder im Süden Tadschikistan (Khatlon-Gebiet, Ortschaft Dschaloleddin Rumi (weiter gekürzt: D.Rumi).

Die Region-Khatlon hatte besonders unter dem Bürgerkrieg zu leiden, neben materiellen Verlusten hat es dort auch viele menschliche Opfer gegeben, so dass dort viele Kinder als Waisen und Halbwaisen leben. Diese Kinder sind die Zielgruppe der Spendenaktion, die einen direkten Beitrag zur Verbesserung Lebenssituation solcher kriegsgeschädigten Kinder leisten wird.

Die Zielgruppe sind 190 Schüler des Internats. Von diesen Schülern sind 11 Vollwaisen, 92 Halbwaisen leben ohne Vater 92 und ohne Mutter 17. Von diesen Schülern wohnen und lernen 75% im Internat, während die restlichen 25% der Schüler nach dem Unterricht nach Hause gehen.

Das Schulinternat gehört zum Bildungsministerium Tadschikistan. Schon seit Jahren, besonders aber wegen der derzeitigen schwierigen wirtschaftlichen Situation im Land bekommt das Internat nur sehr niedrige staatliche Zuwendungen.

Die Deutsch-Tadschikischen Gesellschaft e.V. führte in 2008 ein Survey dieser Schule durch. Die Lebensbedingungen im Internat sind sehr ärmlich, es fehlt praktisch alles, was zu guter Verpflegung und guter Organisation des Unterrichts und Schulalltags benötigt wird. Die Gebäude des 1956 eröffneten Internats sind in sehr schlechtem Zustand. Ebenso desolat ist die Unterbringung der Kinder und die Küchensituation. Sportgeräte oder Sportbekleidung sind nicht vorhanden und selbstverständlich gibt keine PCs.

Das Ziel der Spendenaktion ist Mittel für das Nötigste in den Bereichen Schulbücher, Ausrüstung des Sportsaales und der Küche, auch für den Kauf einiger PCs zu sammeln und an das Internat weiterzuleiten.

Jeder EURO zählt. Falls Sie sich für eine Spende entscheiden würden, bitten wir Sie die auf unser Konto 653 352 107 bei der Postbank Berlin, BLZ 10010010 mit dem Vermerk “Waiseninternat” zu überwiesen.

Spendenbescheinigung und Presseinfo ist selbstverständlich

Mit herzlichen Vorweihnachtlichen Grüßen
Dr. Alexander Heiser

Vorsitzender der Deutsch-Tadschikischen Gesellschaft e.V.
Colditzstrasse 34-36
D – 12099 Berlin
Tel.: +49-30 7002 49 40
eMail: detage@web.de
Web: www.detage.de

Der “Kilometer 80” – Doppelte Botschaft und Grundstein für die “neue Hauptstadt Qaraqalpaqstans”

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Als sich der Zerfall der UdSSR ankündigte und rasch vollzog, plädierten auch einige Politiker in Qaraqalpaqstan für eine Souveränität ihrer autonomen Region und forderten Unabhängigkeit – auch von Usbekistan. Im Herbst 1990 reichten Vertreter der qaraqalpaqischen Intelligenz die Forderung nach Souveränität Qaraqalpaqstans bei der Regierung ihrer “autonomen Republik” ein. Aber erst nach dem Abschluss der Baumwollernte wurde diese Forderung nach Taschkent weitergeleitet. Dort stießen die Pläne für eine Unabhängigkeit der Aralseeregion auf wenig Gegenliebe. Anfang Dezember 1990 besuchte Islam Karimov Nukus und traf sich dort mit Vertretern der qaraqalpaqischen Regierung und 20 ausgewählten Repräsentanten verschiedener gesellschaftlicher Bereiche. Karimov bot Qaraqalpaqstan die Unabhängigkeit an, allerdings nur innerhalb der Usbekischen SSR. Die Deklaration für die Selbständige Republik Qaraqalpaqstan (Suverennaia Respublika Qaraqalpaqstan) innerhalb der UzbSSR wurde schließlich am 14. Dezember 1990 unterschrieben.

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Sibirien in Paris

Manche Netzwerke gründen sich, andere sterben, wieder andere feiern Auferstehung. Ich weiss nicht genau, wie es sich mit dem Netzwerk für Sibierienstudien und Mongolistik “Junniper” verhält, jedenfalls ist es zu neuem Leben erwacht. Wahrscheinlich liegt es daran, dass sich in Paris niemand vernetzen muß. Alle wichtigen Forschungseinrichtungen sind in der Stadt vertreten, man trifft sich eh andauernd auf irgendwelche Konferenzen. Nur die elektronische Vernetzung tut hier Not, da diese manchmal auch hinter den Stadtmauern hilft.

Wer sich also für den nordzentralasiatischen Raum interessiert, der beobachte das Netz doch mithilfe seines Blogs aufmerksam. So z.B. gibt es eine außergewöhnliche Konferenz am 3. Dezember: “Heilige Praktiken in vergleichender Perspektive (Sibirien und Mittelamerika)“. Organisiert wird es von den besten Mongolisten der Republik, allen voran die Grand Dame Roberte Homayon, daneben andere Kollegen aus der berühmten École pratique des Hautes Études, Paris.

Afghanistan nach der Wahl

Das weitgehend unabhängige Forschungszentrum AREU hat eine kleine aber feine Studie herausgegeben, in der sie der Frage nachgehen, haben die Wahlen und der sie begleitende Prozess eigentlich Karzais Legitimation geschadet? Sie kommt zu einem erstaunlichen Ergebnis:

Die Reputation Karzais in den Gemeinschaften, die wir unter die Lupe genommen haben, scheint kaum gelitten zu haben, jedenfalls viel weniger als das, was die jetzige internationale Presse suggeriert. Mit der Ausnahme einiger Tadschiken, die früher für Karzai stimmten, dann aber abgewandert sind zu Abdullah, gibt es eigentlich kaum größere Meinungsverschiebungen innerhalb des Wahlprozesses. Die meisten, die Karzai früher stützten, stützen ihn auch heute, diejenigen die ihn früher ablehnten, lehnen ihn nach wie vor ab und nutzen die Wahlen nur als einen weiteren Beweis seiner Probleme, ein Land zu führen.

Die meiste Kritik jedoch wurde an Karzais politischen Allianzen laut. Ein Wähler in Qarabagh meinte, “Sein Bruder ist der Führer aller Schmuggler und sein (Karzais) erster Assistent der Mafiakönig in Afghanistan.” Ein ander sagte: “Die Regierung Afghanistans ist in der Hand von Hinterhältigen, von Schmugglern, Dieben, und der Mafia.” Karzai wurde auch kritisiert wegen der Art seiner Beziehungen zum Ausland, dafür dass er kaum etwas gegen die sich häufende Anzahl von zivilen Opfern unternimmt, dafür dass er die konservativen religiösen Führer so stark kritisiert, was viele glauben nur auf Geheiß der Internationalen Gemeinschaft hin geschieht. “Wenn Karzai weiterhin seine frühere Strategie betreibt, dass ausländische Soldaten nicht zur Verantwortung gezogen werden, wenn sie sich an zivilen Leuten vergehen, und wenn Karzai weiterhin alle religiösen Führer Afghanistans ‘Al Qaeda’ nennt, dann wird seine Regierung noch schwächer.”

Andere haben weiterhin eine recht positive Meinung zu Karzai, weil dieser wenigstens etwas Stabilität und ökonomisches Wachstum bringen würde und vor allem, weil er bisher alle ethnischen Konflikte unterdrücken konnte. Einer drückte es so aus: “Die meisten sind hier für Karzai, weil dieser als ein Symbol der Vereinigung aller Ethnien Afghanistans gilt. Er ist der einzige, der Frieden und Sicherheit für Afghanistan bringen kann, da er mit allen Ethnien in gutem Kontakt steht.”

Soweit die Einschätzung des Forscherteams, dass sich in einigen Teilen Afghanistans unter den Leuten umgehört haben. Wie sie das angestellt haben, welche Methoden sie benutzen, damit ihre Studie nicht nur das Sammeln diverser Einzelmeinungen darstellt, der lese bitte in der nur 11 seitigen Studie selber nach.

Kalamfur und Sowjetstern – Ein Nachruf auf den tadschikischen Maler Mirzorahmat Olimov

Ein Beitrag von Caroline Bunge – die Bilder sind aus dem Familienbesitz der Olimovs, bei denen sich die Autorin an dieser Stelle noch einmal herzlich für die freundliche Zusammenarbeit bedankt.

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In der Rudakistrasse, die im Stalinschen Stil gebaute Allee und die Prachtstraße Duschanbes schlechthin, befindet sich neben vielen anderen repräsentativen Gebäuden auch das größte Teehaus der Stadt, das Rohat. Dort gibt es die traditionellen Speisen des Landes zu essen und an warmen Tagen kann man im schattigen Hof am Springbrunnen sitzen. Vor allem aber können die Gäste eine riesige Deckenmalerei im Festsaal des Rohat bestaunen, die in den 60er Jahren von Mirzorahmat Olimov, einem der wichtigsten Künstler Tadschikistans, geschaffen wurde. Es handelt sich um eine Kassettendecke, die aus sich kreuzenden Rippen und Balken, abschnittweise sehr kleinteilig und in regelmäßiger Anordnung aus kastenförmigen Vertiefungen besteht. Continue Reading →

Duschanbe plant Riesenmoschee

Wie ferghana.ru kürzlich vermeldete plant Emomali Rahmon(ov) mit Mitteln des Emirs von Qatar in der Hauptstadt Tadschikistans den Bau einer gigantischen Moschee. Sage und schreibe 150.000 Gläubige sollen in der nach dem Grundriss der Republik zu errichtenden Anlage Platz finden. Das Hauptgebäude ist für 60.000 Betende ausgelegt. Auch eine islamische Hoschschule, eine Bibliothek und ein Museum sollen auf dem 7,5 ha großen Gelände im Stadtzentrum errichtet werden. Dieses Gebetshaus wäre damit bei weitem das größte seiner Art in ganz Zentralasien.

Abgesehen von aller Gigantomanie ist die Tatsache pikant, dass gleichzeitig alle nicht registrierten Moscheen in Duschanbe und in Tadschikistan von den Staatsbehörden geschlossen werden. Insgesamt nimmt seit einiger Zeit die antireligöse Politik in Tadschikistan eher zu als ab. Besonders sogenannte “Fundamentalisten” sind der Regierung Rahmon(ov) ein Dorn im Auge. Dumm nur, dass bei der immer weiter steigenden Armut und Perspektivlosigkeit im Land immer mehr und besonders die jungen Generationen für genau diese Strömungen des Islam empfänglich werden.

Ob da eine Megamoschee im Stile eines Sowjetischen Prestigeprojekts Abhilfe schaffen kann, bleibt zu bezweifeln. Vorsichtshalber hat die Tadschikische Regierung schon mal beschlossen, Lehrern das Tragen von Bärten länger als drei Zentimeter erst ab 50 zu gestatten. An die Lösung der tatsächlichen Probleme im Land denkt man weiterhin etwas weniger gern. Diese sind mit symbolischen Handlungen auch nicht in den Griff zu bekommen.

Der Aralsee. Gestern-Heute-Morgen.

Ein Beitrag von Jusup Kamalov

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Für uns, die Menschen, die am Aralsee im Zentrum einer ökologischen Katastrophe wohnen, scheint es immer so, als ob die ganze Welt das Aralseeproblem kenne und darüber schon alles gesagt sei. Leider ist es aber so, dass die Menschen außerhalb der ehemaligen UdSSR oder des Ostblocks wenig bis gar nichts vom Aralsee wissen, und auch in den Ländern Zentralasiens ist dies mittlerweile der Fall. Deshalb werde ich einiges über das Problem berichten, so als würde ich mich an einen ahnungslosen Leser wenden.

Der Aralsee liegt in Kasachstan und Usbekistan und war einer der größten Binnenseen der Welt. Dieser See und die beiden Flüsse, aus denen sich dieser Endsee speist (der Amu- und der Syrdarja) waren von hochrangiger Bedeutung für das Ökosystem und die Wirtschaft der gesamten Region Zentralasien. Heute ist davon kaum etwas übrig geblieben. Der Wasserspiegel des Aralsees ist um 20 Meter gesunken. Das Wasser hat sich dadurch 100 km von der ehemaligen Küstenlinie zurückgezogen. Die eigentliche Größe des Aralsees umfasste 65.000 Quadratkilometer. Bis in die 1960er Jahre des 20. Jahhunderts war der See somit so groß wie die Fläche der Niederlande und Belgien zusammengenommen. In den letzten 50 Jahren jedoch ist der See um ca. 70 % geschrumpft, und das Wasser geht weiter zurück. Der Salzgehalt des Seewassers hat 60 Gramm pro Liter erreicht. Die kleine Insel Vozrozhdenie (“Wiederauferstehung”) in der Mitte des Aralsees ist zur Halbinsel geworden, eine gefährliche Angelegenheit, da hier zu Sowjetzeiten ein Testgebiet für biologische Waffen existierte. Continue Reading →

Einer weniger auf der Liste – zum Tod von Mirzo Ziyoyev

Mit etwas Verspätung wollen wir heute auf einen Vorfall in Tadschikistan hinweisen, der die Machtbasis der Familie Rahmon(ov) weiter festigt und den Personenkreis möglicher politischer Widersacher weiter ausdünnt. Ferghana.ru berichtete am 14.07.2009 darüber -hier ist eine etwas erweiterte Zusammenfassung dieser Meldung.

Im Juli diesen Jahres kam auf bisher ungeklärte Weise der aus Tavildara stammende ehemalige Minister für Katastrophenschutz Mirzo Ziyoyev ums Leben. Die Aussagen der Regierung und von oppositioneller Seite stehen sich dabei diametral entgegen. Die Regierungsseite vermeldete, dass Ziyoyev, der 2006 vom tadschikische Präsidenten seines Ministeramtes enthoben wurde und seither in seiner Heimatregion als Unternehmer im Agrarsektor aktiv war, von oppositionellen Kräften erschossen wurde, die sich in ihren Bemühungen in der Region Tavildara die Macht zu übernehmen, von ihm verraten fühlten. Hingegen ist aus den Oppositionskreisen zu vernehmen, dass Ziyoyev von Staatsseite als Vermittler zwischen Regierung und Opposition gerufen wurde und daraufhin von Regierungsseite erschossen wurde.

Wie sich die Ermordung des noch immer einflussreichen Politikers tatsächlich vollzogen hat, wird wohl nicht so schnell (oder überhaupt nicht) zu klären sein. Soviel ist aber klar. Mit der Figur Ziyoyev verschwindet einer der letzten Widersacher und Machtgaranten Rahmonovs aus den Tagen des Bürgerkriegs von der politischen Bildfläche Tadschikistans. Widersacher und Machtgarant? Das ist in der Politik Tadschikistans keineswegs ein Widerspruch.

Mirzo Ziyoyev kämpfte mit seinen Männern bis zum Friedensvertrag von 1997 auf Seiten der Vereinigten Tadschikischen Opposition (VTO) gegen die von Emomali Rahmonov vertretene “Kulobi” Fraktion, die im Dezember 1992 in Duschanbe die Macht übernahmen. Bereits kurze Zeit später, Ende März 1993, wurden die beiden mächtigsten Figuren der Volksfront Tadschikistan, einer Vereinigung von Milizen und Akteuren aus den Regionen Hisor und Kulob, Sangak Safarov und Faizullah Saidov bei einem Treffen der militärisch/politischen Führungsspitze erschossen. Auch hier ist bis heute unklar, wer für die Tat verantwortlich war. Gerüchte gibt es viele. Eines davon bringt den erst kurz zuvor von Safarov und Saidov (und einigen anderen) an die politische Spitze gehobenen Emomali Sharipovitsch Rahmonov mit der Doppeltat in Verbindung. Dieser, so heißt es, begann bereits damals, Konflikte innerhalb der Volksfront sehr geschickt auszunutzen um seine Machtposition innerhalb der eigenen Reihen abzusichern und auszubauen.

Mirzo Ziyoyev ist nun einer der letzten Verbündeten aus alten Tagen, der aus dem Machtkreis ausgeschieden ist. 1998, nach dem Friedensvertrag zwischen der Regierung und der Opposition (unter Federführung von Emomali Rahmonov und dem 2005 verstorbenen Oppositionsführer Said Abdullah Nuri) war er es, der mit seinen Kämpfern den Umsturzversuch von Mahmud Khudoiberdiev, einem ehemaligen Verbündeten Rahmonovs in Nordtadschikistan niederschlug. Etwa 1000 Kämpfer unter Leitung Khudoiberdievs versuchten im November 1998 in einem Putschversuch von Uzbekistan aus Khujand einzunehmen. Khudoiberdiev, der sich in den Bürgerkriegsjahren als Verteidiger der Rechte der Uzbeken in Tadschikistan verstand, hatte sich aus Protest gegen die im Friedensvertrag von 1997 vorgesehene Regierungsbeteiligung der VTO von Präsident Rahmonov abgewandt und war mit seinen Anhängern und Kämpfern nach Uzbekistan abgewandert. Nach dem, gemeinsam mit Regierungstruppen unter Führung von Ghaffor Mirzoev und Suhrob Qosimov erkämpften Scheitern des Putschversuchs durch Khudoiberdiev (der sich seither Gerüchten zufolge wieder in Uzbekistan aufhält oder nach anderslautenden Meinungen bei den Kämpfen ums Leben gekommen ist) bekam Mirzo Ziyoyev ein eigenes Ministerium zugesprochen. De facto war das im Zentrum Duschanbes gelegene Ministerium für Katastrophenschutz eine schnelle Eingreiftruppe, die großteils aus alten Bürgerkriegskämpfern bestand, die unter dem direkten Befehl ihres alten Kommandeurs, dem neuen Minister, standen. Eine schlagkräftige Einheit und Machtbasis der Regierung Rahmonov, die neben und unabhängig von der tadschikischen Armee existierte.

Seit einigen Jahren nun entledigt sich der tadschikische Präsident Schritt für Schritt all der politischen Figuren, die ihm in seinem Machterhalt gefährlich werden könnten. Ehemaliger Mitstreiter und Helfer auf dem Weg nach oben zählen ebenso dazu wie alte Widersacher der Opposition. Eine “Schwarzliste” des Präsidenten findet sich ebenfalls im oben verlinkten Beitrag der Ferghana.ru:

Yakub Salimov, former Internal Affairs Minister and ex-Ambassador in Turkey, sentenced to 15 years of imprisonment (in 2005).
Gaffor Mirzoev, former Chief of Presidential Guard and the Director of the agency for the control of drug trafficking, sentenced to life imprisonment (in 2004).
Mahmadruzi Iskandarov, the leader of Democratic Party, former Oil and Gas Minister, sentenced to 23 years of imprisonment (kurz vor der Präsidentschaftswahl 2006).
Mahmadnazar Salihov, former Prosecutor General, former Internal Affairs Minister and Head of President’s office. According to official statement, he shot himself at the arrest (in June 2009).
Abdujalil Hamidov, former Head of Sogd Oblast, sentenced to 15 years of imprisonment (in 2000).
Suhrob Langariev, the brother of the National frontline leader Langari Langariev, sentenced to 18 years (in 2008).
Safarali Kenjaev, former Chairman of Supreme Council, the founder of National frontline, murdered (30 März 1999).
Habib Sanginov, former Deputy Internal Affairs Minister, murdered (11 April 2001).

Afghanistan und die deutschen Medien

In der taz erschien kürzlich in der Kolumne Marx 2.0 ein Beitrag von Joachim Lottmann, der das Versagen des deutschen Journalismus in der Berichterstattung über Afghanistan konstatiert.

Dazu passt auch ein kurzes Interview, das Ingeborg Baldauf, Professorin am Zentralasien-Seminar der Humboldt-Universität zu Berlin in Heft 173, Ausgabe 5 der SPW (Zeitschrift für sozialistische Politik und Wirtschaft) gegeben hat.

Auf die Frage: Hat die NATO, hat Deutschland die Chance auf Anerkennung [in Afghanistan] nicht schon verspielt? ist in dem “Lösungen unterstützen die aus Afghanistan kommen” überschriebenen Interview folgendes zu lesen:

“I.B.: Nein, Anerkennung für den friedlichen Teil der Intervention ist weit verbreitet. Natürlich gibt es Leute, die gegen diese Form der Entwicklung sind und nicht wollen, dass ein breiterer Teil der Bevölkerung das Positive daran wahrnimmt und erlebt. Denn damit wäre evident, dass sie selbst nichts Positives leisten, sondern weiterhin Krieg spielen mit der Bevölkerung. Die Interventionisten tun das nicht, denn im Prinzip wird sehr, sehr viel geleistet. Besonders positiv erwähnenswert sind von deutscher Seite Aufforstungsprogramme, denn das ist nachhaltig. Wälder und Obstbäume sind als Lebensgrundlage und auch für weiter Verarbeitung durch Handwerk oder Brennmaterial dort seit dem frühen 20. Jahrhundert konsequent verloren gegangen. Solche Projekte können gar nicht hoch genug bewertet werden, doch in den hiesigen Medien und der allgemeinen Wahrnehmug scheint das Ganze mittlerweile völlig auf das Militärische reduziert zu sein.”