Afghanistan. Gerettete Schätze.

Die Sammlung des Nationalmuseums in Kabul 11. Juni bis 3. Oktober 2010 in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn

In der Mitte der neunziger Jahre, als die Mujaheddin Kabul aus der Hand der durch die Sowjetunion gestützten Regierung (1992) übernahmen und ein langer Bürgerkrieg um die Vormachtstellung in der Hauptstadt entbrannte, erschütterten Meldungen über Bibliothek- und Museumsplünderungen die Intellektuellen vieler Länder.

Wie durch ein Wunder konnte aber der legendäre Nationalschatz Afghanistans Bürgerkrieg und Zerstörung der Museen Kabuls überdauern.

Dazu das Museum in seiner Ausstellungsbeschreibung selbst:

Die spektakulären Gold-, Silber- und Elfenbeingegenstände sind Zeugen des Königreichs Baktrien, einer hellenistisch beieinflußten Zivilisation, die sich im antiken Afghanistan an den Schnittstellen der Kulturen entlang der Seidenstraße entfaltete und so zum Schmelztiegel der unterschiedlichsten kulturellen Strömungen aus Ost und West wurde. Infolge des Alexanderfeldzugs um 330 v. Chr. zogen mehr und mehr Griechen und Makedonier in die antike Kulturlandschaft, wo sie die baktrische Hochkultur mitbegründeten. In der Ausstellung ist die Synthese der Kulturen sofort erkennbar. Bei den gezeigten Exponaten verschmelzen griechische, persische und indische Motive. So findet sich z. B. eine detailreich gearbeitete Aphrodite mit Engelsflügeln und indischem Bindi (Stirnpunkt) neben einem auf einem Delphin reitenden Eros. (Mehr siehe hier)

Das Erdenloch

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Amin Hodscha wurde in einer Kolchose im inneren Deltagebiet des Amu Darjas in Karausek geboren. Er wuchs in einer Kolchose im Gebiet des Kasachdarja auf. Die Menschen lebten hier vor allem vom Fischfang. Gefischt wurde im Kasachdarja, einem Amu Darja-Kanal und in einer mit dem Aralsee verbundenen Bucht. Sein Familienname deutet eigentlich auf eine religiöse Familienbiographie hin. Continue Reading →

Mythos Aralsee – Altenburg vom 20.05. – 03.10.

Zur Ausstellung im Mauritianum Altenburg vom 20.05. bis 20.09.

Die Ausstellung “Mythos Aralsee” widmet sich der Geschichte und den Folgen der sowjetischen Moderne in Zentralasien. Diese Moderne ist am besten charakterisiert mit einem schier unbegrenzten Technik- und Fortschrittsglauben. Der Glaube an uneingeschränkte menschliche Allmacht führte seit der Mitte des 20. Jahrhunderts zum größten Eingriff in die lebenswichtigen Flusssysteme der Region Mittelasien und zeigte seine schwerwiegenden Folgen gegen Ende des Jahrhunderts.

Die Ausstellung “Mythos Aralsee” im Mauritianum Altenburg (20.05 – 03.10.) erzählt in Bildern, historischen Fotos, Porträts und Biographien von den Veränderungen der traditionellen Lebens- und Wirtschaftsweisen in der Aralsee-Region und vom schrittweisen Verschwinden des Wassers.

Der Aralsee existiert bei den Bewohnern der Region nur als Mythos. Die meisten haben den See noch nie in ihrem Leben gesehen. Der Großteil der im Amu Darja Delta lebenden Bevölkerung leidet jedoch nicht so sehr am Verschwinden des Aralsees und dessen negativen Auswirkungen auf das Weltklima, sondern schlicht am Ausbleiben des Flusswassers.

Die mit dem Wassermangel verbundene schlechte Wasserqualität, die fehlenden Erwerbsmöglichkeiten und die durch das Austrocknen des Aralsees freigesetzten gesundheitsschädlichen Gifte, führen zur Abwanderung aus der Region. Gleichzeitig versuchen sich die Verbliebenen in den drastisch veränderten Lebendsbedingungen einzurichten.

Historische Hintergründe

Flüsse sind seit Jahrtausenden die Grundlage menschlicher Kulturen und Zivilisationen. Für Mittelasien sind die Flüsse Syr- und der Amu Darja die Grundlage des Lebens und Wirtschaftens. Schon in der Namesgebung für die Region stand das Wasser an erster Stelle. Der Amu Darja ist der Oxus der Griechen. Die Regionen, die die Flüsse Syr- und Amu Darja bewässern, nannten die Griechen Transoxanien, also “Jenseits des Oxus”. In Arabischen Quellen ist die Region als Mawera’ un-nahr ebenfalls “Jenseits des Flusses” bezeichnet.

Eine Besonderheit der Flüsse Mittelasiens ist, dass sie nicht in Weltmeere, sondern in Steppen-Endseen münden oder einfach in Wüsten versickern. Sucht man in historischen Quellen nach dem Aralsee, wird man nur selten fündig. Er scheint in der Wahrnehmung der Region eine nur untergeordnete Rolle gespielt zu haben. Seinen heutigen Namen erhielt der Aralsee erst im 18. Jahrhundert. Die Usbeken des Chanates Chiwa hatten das Deltagebiet des Amu Daryas soweit mit Kanälen durchzogen, dass sich dessen Bewohner wie auf Inseln (orol = Insel) vorkamen. Der Name für das Deltagebiet wurde später auch auf den See übertragen. Die Deltaregion des Amu Darja und seine Bewohner stehen im Zentrum der Ausstellung.

Seit dem 17. Jahrhundert wurde die Deltaregion vor allem von Karakalpaken besiedelt, die neben Kasachen, Usbeken und Turkmenen bis heute dort leben. Die Karakalpaken betrieben eine gut an den Amu Darja angepasste nomadische Mischwirtschaft von Ackerbau, Fischerei und Viehzucht. Diese Mischwirtschaft war notwendig, um sich dem unberechenbaren Fluss, seinen Überschwemmungen und seinen ständig wechselnden Flußläufen anzupassen. Die mobile Lebensweise sicherte so im Deltagebiet das Leben.

Mit der Kolonisierung und der Mitte des 20. Jahrhunderts einsetzenden sowjetischen Industrialisierung kam es zu Veränderungen dieser Lebensweise. Mit der Einbindung der Region in moderne Infrastrukturen, die auf maximale Produktivitätssteigerung ausgerichtetet waren, wurde das Ende des Aralsees eingeläutet. Während für die russischen Kolonisatoren der Fluß vor allem für den Transport wichtig war, wurde mit der sowjetischen Industrialisierung der Landwirtschaft und der Fixierung auf die Baumwollproduktion das Bewässerungssystem entlang des Flusses immer weiter ausgebaut. Riesige Kanalbauten, wie der über tausend Kilometer lange Karakumkanal, zweigten weit über die Hälfte des Flußwassers ab, bevor es die Deltaregion und den Aralsee erreichen konnte.

Gleichzeitig führte die sowjetische Moderne in ganz Zentralasien zu einem enormen Bevölkerungswachstum und damit zu einem ständig steigenden Wasserbedarf. In Moskau wurde entschieden, den Aralsee für den Wohlstand und die Baumwollproduktion entlang des Amu Darjas zu opfern. Der volkswirtschaftliche Wert des Sees wurde vom Wasserministerium auf 92 Billionen Rubel geschätzt. Auf die Bedürfnisse der Deltabevölkerung (etwa 300.000 Personen) wurde dabei keine Rücksicht genommen. Entgegen aller Hoffnungen verschlechterte sich die Lage in der Deltaregion seit dem Ende der Sowjetunion und der Aufteilung des Flusswassers auf drei Nationalsstaaten (Tadschikistan, Usbekistan, Turkmenistan) noch weiter.

Für das 20. Jahrhundert kann man in der Aralseeregion die biblische Devise von “Macht Euch die Erde Untertan!” in einer drastischen Form beobachten. Die Ausstellung versucht das langsame Sterben des Aralsees sowie die traditionellen und heutigen Überlebensstrategien in der Deltaregion nachzuzeichnen.

Das Begleitprogramm der Ausstellung besteht dabei aus zwei Vorträgen. Der Eröffnungsvortrag von Olaf Günther handelt von den derzeitigen Lebensbedingungen in der Aralseeregion (am 20. Mai, 19.00 Uhr). Der Vortrag des Historikers Askar Dzumashevs (02. Juni, 19.00 Uhr) beleuchtet die Sowjetische Geschichte der Aralseeregion (Karakalpakistan). Im Rahmen der Ausstellung wird auch der Dokumentarfilm “Aralkum” (Sowjetunion 1988) gezeigt.

Die Ausstellung wird zusammen mit dem Zentralasien-Seminar der Humboldt Universität zu Berlin und der Akademie der Wissenschaften Karakalpakistans durchgeführt und ist durch Mittel der DFG (Deutsche Forschungsgemeinschaft) gefördert.

Siehe auch:

http://www.tlz.de/startseite/detail/-/specific/Ein-Leben-mit-der-Katastrophe-am-Aralsee-55107914

http://zeulenroda.otz.de/web/zeulenroda/startseite/detail/-/specific/Ein-Leben-mit-der-Katastrophe-am-Aralsee-55107914

http://www.mdr.de/thueringen/ost-thueringen/5181126.html

“Ökotourismus in Kasachstan“ eine kleine Branche mit großen Hoffnungen

Ein Beitrag von Viktoria Wagner

Krauskopfpelikan

Ende April fand in Kasachstan die größte Tourismus Messe Mittelasiens statt: die Kazakhstan International Tourism Fair oder kurz KITF. Der Ort der Messe war die ehemalige Hauptstadt Almaty. Vertreter der Tourismusbranche aus dem Aus- und Inland sowie schätzungsweise 20.000 Besucher wurden erwartet. Zwar ist Kasachstan hierzulande mehr und mehr für seinen Ölboom bekannt, hat aber ein großes Interesse daran, die Tourismusbranche im Inland zu fördern. Tourismus hat sich in den letzten Jahrzehnten als ein ewig blühender Wirtschaftszweig erwiesen. Laut dem World Travel and Tourism Council (WTTC, Report 2008/2009) stieg der jährliche Zuwachs des Bruttoinlandsproduktes in der Tourismus- und Reisebranche seit 2004 weltweit durchschnittlich um 4%. Schätzungsweise 34 Millionen Arbeitsplätze wurden in diesem Zeitraum durch Tourismus geschaffen. Kasachstan ist 1993 zu der World Tourism Organisation (UNWTO) beigetreten und die Tourismusbranche hat mittlerweile sogar den Status eines Wirtschaftszweiges mit hoher Priorität. Nach der schwierigen wirtschaftlichen Lage, die dem Zusammenbruch der UdSSR folgte, könnte Tourismus nicht nur einen willkommenen Geldsegen bescheren, sondern auch die ökonomische Struktur des Landes diversifizieren, die stark auf die Erschließung von Rohstoffen angewiesen ist. Continue Reading →

Erster deutschsprachiger Reiseführer für Tadschikistan

von Sonja Bill

[inspic=700,left,,150]Nun ist es endlich soweit, und das kleinste zentralasiatische Land hat seinen ersten deutschsprachigen Reiseführer. Der Weg bis zum Buch war nicht ganz einfach, so wie das Befahren vieler Wege und Straßen in Tadschikistan eben nicht ganz einfach ist. Dafür warten aber hinter fast jedem Berg ein kleines Abenteuer und spannende Geschichten.

Fast eineinhalb Jahre habe ich – erst für den Deutschen Entwicklungsdienst, dann für die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit – in Tadschikistan gearbeitet. Während dieser Zeit durfte ich viel reisen und das Land, seine Menschen und seine verwunschenen Orte kennenlernen. Immer war ich auf der Suche nach kulturellen und kulinarischen Besonderheiten, nach den fantastischsten Fotomotiven und den schönsten Bergtouren, nach den angenehmsten Unterkünften und den interessantesten Informationen. Continue Reading →

Geschichte im Prisma

Über die Geschichte des Regionalmuseums von Irkutsk von Estelle Borel

Das Museum von IrkutskDas Regionalmuseum Irkutsk wurde 1782 eröffnet, sehr früh, sieht man die Geschichte der Museen der Welt in ihrem Zusammenhang. Es ist eines der ersten Museen in Russland nach der Kunstkammer in Petersburg. Die Kunstkammer wurde von Peter dem Großen im Jahre 1714 gegründet und ist heute bekannt als das Museum für Ethnographie und Anthropologie der Akademie der Wissenschaften Russlands. Das Regionalmuseum Irkutsk trug im frühen neunzehnten Jahrhundert den Spitznamen “Kunstkammer Sibiriens” und hat gewisser Weise ein ähnliches Schicksal wie die Kunstkammer in St. Petersburg. Denn beide Kunstkammern waren die ersten Kuriositätenkabinette Rußlands mit vielfältigen Sammlungen in der Botanik, Zoologie, Mineralogie und in anderen Bereichen, wurden ein reichhaltiges Forschermuseum und zum Ausgangspunkt wissenschaftlicher Forschung in der gesamten Region und sogar darüber hinaus, bis sie schließlich ab 1930 vor allem die Völker der Sowjetunion und ihre materielle Kultur ausstellten. Continue Reading →

Erdbeben in Jekundo

[inspic=679,,,0]Am Morgen des 14. April gab es ein Erdbeben in der Tibetischen Autonomen Präfektur Yushu (Jekundo) in der Provinz Qinghai. Inzwischen werden 2000 Todesopfer und 12.000 Verletzte gezählt. Zehntausende, so heißt es, sind obdachlos. Das Erdbeben der Stärke 7,1 hat den Nachrichten zufolge nahezu 90% der Häuser der Stadt Jekundo zerstört, über die Auswirkungen außerhalb der größeren Städte ist wenig bekannt. Jekundo ist eine nomadisch geprägte Region im Grenzgebiet der chinesischen Provinzen Qinghai, Sichuan und der Autonomen Region Tibet und die Infrastruktur ist überwiegend schlecht. Continue Reading →

Der einzige Lösungsweg für Afghanistan ist der Föderalismus…

In den letzten Tagen wurden auf bbc zwei für Afghanistan relevante Beiträge veröffentlicht, die nicht direkt mit Krieg und Zerstörung zu tun haben, sondern einen konstruktiven Ansatz zur Lösung der Dauerkrise anbieten.

Am Osterwochenende gab es eine Mitteilung, dass die Paschtunischen Stammesgebiete in Pakistan einen neuen Namen erhalten sollen. Die bisherige North-West-Frontier-Province (NWFP) soll laut einem Beschluss vom 31. März in Khyber Pakhtunkhwa umbenannt werden. Pakhtunkhwa (wörtl. Historisches Gebiet der Paschtunen) ist die literarische Variante des umstrittenen Begriffs Pashtunistan. Khyber verweist darauf, dass es sich um die paschtunischen Gebiete auf Pakistanischem Territorium handelt. Bei den Feierlichkeiten der National Awami National Partei (ANP), die diese seit langem geforderte Namensgebung begleiteten, kam es zu einem Selbstmordanschlag, bei dem ca. 50 Personen ums Leben kamen.

Beim zweiten Beitrag, der hier in einer deutschen Übersetzung und Zusammenfassung vorgelegt wird, handelt es sich um ein Interview mit dem Politiker Dr. Latif Pedram aus Afghanistan.

Auch dieses Interview, das in der bbc-persian-reihe “mit anderen Worten” (ba ‘ebarat-i digar) als Tondokument und als Text auf Dari veröffentlicht wurde, handelt von einer angestrebten Namensänderung. Gleichzeitig wirbt Dr. Pedram für einen politischen Systemwechsel in Afghanistan. Der Zentralstaat soll von einem föderalen System abgelöst werden. Sowohl der Namenswechsel als auch die föderale Lösung waren in Afghanistan bisher öffentlich weitgehend Tabuthemen. Continue Reading →

Nalaicher Kasachen oder Wie Nomaden im Bergwerk landeten


Ein Beitrag von Michael Angermann

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“1910: Beim Rindermistsammeln findet eine arme Frau neben einem Murmeltierhügel einen schwarzen Stein mit mürber Außenseite …”

Vor 100 Jahren wurde in der Kleinstadt Nalaich, die gut 40 Minuten Autofahrt südöstlich von Ulan-Bator entfernt ist, Kohle gefunden. Damit beginnt die Geschichte der Bergarbeiterstadt Nalaich. Anfänglich bauten chinesische Unternehmen die Kohle ab, bis der Bergbau nach der Gründung der Mongolischen Volksrepublik Anfang der 1930er Jahre verstaatlicht wurde. Der Plan sah große Abbaumengen für die Versorgung von Ulan-Bator vor, doch waren nicht genügend Arbeitskräfte vorhanden. Auf dem VIII. Parteitag der Mongolischen Revolutionären Volkspartei im Frühjahr 1930 kam man zu dem Ergebnis, insbesondere der Bevölkerung im Westen der Republik eine wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung zu ermöglichen. Offiziell wurde die “Anwerbung” von Arbeitskräften aus der Westmongolei mit fehlenden Arbeitskräften begründet. Continue Reading →