Was heißt hier Wandern?

(Ein Beitrag von Andreas Mandler)

In der jüngst erschienenen monumentalen OSTEUROPA-Ausgabe zu Zentralasien stellen die Herausgeber fest: “Das heutige Zentralasien ist weitgehend terra incognita”. Das trifft für Wanderfreunde/innen nicht ganz zu, denn so groß und breit und hoch die Länder Zentralasiens sind, so gibt es doch eine Vielzahl detaillierter Reisebeschreibungen, d.h. von Reisen zu Fuß.

Anders als in rasch wechselnden Bereichen wie Politik, Energie oder Soziales, bleiben die Wege und Ziele beim Wandern weitgehend gleich. Nur sind sie nicht immer einfach aufzufinden. Aufgrund der gemeinsamen Jahre im Sozialismus, gibt es auf Deutsch relativ viel Literatur zum Wandern und Bergsteigen in Zentralasien. Einen großen Anteil an der Existenz dieser Reisebücher haben der Berliner Sportverlag und der Verlag F.A. Brockhaus Leipzig. Zwischen 1960 und 1980 erschienen in diesen Verlagen verschiedene Ãœbersetzungen aus dem Russischen von Alpinisten oder wandernden Wissenschaftlern. Continue Reading →

Der Zirkus Suhr in Taschkent

(Ein Beitrag von Pulot Toschkenboev; Ãœbersetzung Olim devona)

Am Ende des 19. Jahrhunderts, nach der Angliederung der turkestanischen Territorien an Rußland kamen vermehrt Musik-, Theater- und Zirkustruppen auf der Suche nach neuem Publikum in die Gegenden der ehemaligen Fürstenstaaten Zentralasiens. Durch diese Tourneen kam die lokale Bevölkerung mit den kulturellen Werten der russischen und europäischen Kulturen der damaligen Zeit direkt in Kontakt. Großen Erfolg hatten dabei Zirkustruppen, die aufgrund ihrer spielerischen Vielfältigkeiten vom ersten Tag ihrer Gastspiele an eine ungeheure Popularität beim Publikum genossen.Von den mehr als 20 Zirkusunternehmen, die um die Zeit der Jahrhundertwende in kleineren und größeren Städten Russisch Turkestans auftraten, war eines der größten der Zirkus Suhr.

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Die Mahallas der Altstadt Samarkands

(Ein Beitrag von Jens Jordan)

Dem Besucher der Stadt Samarkand wird in erster Linie das “blaue Gold”‘ Samarkands, die bemerkenswerten Baudenkmäler der timuridischen Epoche in Erinnerung bleiben. Diese sind nicht nur beeindruckende und herausragende Kunstwerke, sie beeinflussten auch signifikant die Entwicklung der islamischen Architektur. Schon vor der Entstehung dieser Bauwerke ließen sich Besucher der Stadt zu begeisterten Aussagen hinreißen. Ãœber die kunst- wie kulturgeschichtliche Bedeutung der monumentalen Baudenkmäler ist viel geschrieben worden, über die eigentliche Altstadt, das sich fortwährend erneuernde Geflecht aus Wohnhäusern, engen Gassen und den besonderen Orten des Zusammentreffens dagegen weniger. Continue Reading →

Ravshan und Dzhumshut

(Beitrag von Olim devona)
Es war Frühling, es waren 32 Grad im Schatten, die Erdbeeren waren schon von den Basaren verschwunden — wurden von den Kirschen und Aprikosen verdrängt… Ich saß mit ein paar Freunden in einem Taschkenter Cafe für Sprösslinge neureicher Familien in der Nähe des Lehrerbildungsinstituts an der gleichnamigen Strasse. Der neueste Schrei dieses Cafes hieß Videounterhaltung mit Beamer an einer Hauswand im Freisitz. Die Sendung, die über Videorecorder eingespielt wurde, hieß Nasha Russia und hatte, wie ich später erfahren sollte, Kultstatus erreicht. Continue Reading →

Die Mittelfingerkasachen von Kanal 3

(Beitrag von Michael Angermann)

Es ist früh am Abend, in der Nähe des großen Basars betrete ich das Berkhut-Restaurant (dt. Zum Adler). Schnell geht es in die zweite Etage. Die Männer sitzen in der einen Ecke und spielen so etwas Ähnliches wie Preisskat, ein anderer Teil gruppiert sich um den Karaokefernseher und raucht. Die Damen haben sich am anderen Ende des Raumes niedergelassen und plaudern ausgelassen. Eine Art Polterabend sei das hier, wird mir nahe gelegt, nächste Woche wird dann geheiratet. Eine Moderatorin und ein Moderater von XJTV-3, der kasachischen Sparte des Xinjiang Fernsehen, werden dann vor dem Mullah stehen und sich auf Ewigkeit binden. Continue Reading →

Die Stadt als Garten

(Betrachtungen zu den urbanen Gärten in Samarkand, ein Beitrag von Jennifer Andres)

Der Traum vom Garten – ob nun mit oder ohne Haus – lässt sich innerhalb der gesamten Menschheits- und Gesellschaftsgeschichte verfolgen. Der Garten als heiliger Ort, als Ort des Luxus und Schmuck des Daseins oder als existenzielle Notwendigkeit – über diejenigen Gründe, die diesen Traum beflügeln, gibt es wohl so viele verschiedene Meinungen wie es menschlich verschiedene Gärtner und Nichtgärtner gibt. Continue Reading →

Neweurasia

(Ein Beitrag von Ben Paarmann.)

Ich bin Ben, der Gründer des Blogs neweurasia. Ich komme aus Berlin, habe jedoch die letzten vier Jahre in den UK verbracht. Jetzt lebe ich in den Niederlanden.

Neweurasia gibt es nunmehr seit etwas über zwei Jahren. Wir waren anfangs eine handvoll Studenten (zum Großteil aus den USA und den UK), die sich für Zentralasien und den Kaukasus interessierten. Continue Reading →

Wie die Kultur nach Zentralasien kam…

(Beitrag von Olim devona)

Sotib aka sollte uns bei unserem Aufenthalt in Khodjand eine seiner Wohnungen zur Verfügung stellen. So war es abgemacht. Doch es stellte sich heraus, dass alle Wohnungen, die er verwaltete, belegt waren. So rief er seinen Freund Ravshan an und forderte eine seiner Wohnungen an. Ravshan kam auch gleich mit dem für Leute seiner Klasse obligatorischen deutschen Mercedes Benz angebraust. Als er unser gewahr wurde, sahen wir Zweifel in seinem Gesicht. “2 junge Menschen mit langen Haaren und vier Kindern in meine gerade neu renovierte Wohnung?” stand da in etwa geschrieben. Wir gingen in den zweiten Stock. Ravshan öffnete die Wohnungstür und fragte noch einmal ängstlich nach, ob sich Sotib aka auch wirklich für den Zustand der Wohnung verbürgen könne? “Na, klar!”, schallte Sotibs Antwort, “die Deutschen sind doch ein kulturvolles Volk!”. Continue Reading →

Eine Schule im Jaghnobtal

(Beitrag von Thomas Loy)

Mahmad Murod Safarov trinkt seinen Tee aus. Er spricht ein kurzes Gebet und streicht mit seinen Händen übers Gesicht und erhebt sich. Die übrigen Männer falten das Tuch, auf dem soeben noch Brot und Tee serviert wurden, zusammen und folgen dem achtundsechzigjährigen Sprengmeister zu jenem Felsen, der die Arbeiten an der Straße ins Jaghnob-Tal behindert. Seit über zehn Jahren bauen sie daran. Acht Männer und ein Bulldozer, der aus Zeiten stammt, als das unabhängige Tadschikistan noch nicht im Bruderkrieg um Macht und Geld versunken war. 24 Kilometer sind geschafft. Bis zum ersten Dorf, Tagi-Tschanor, sind es noch vier. Continue Reading →

Der fliegende Berg

Rezension zu Christoph Ransmayr, Der Fliegende Berg. Fischer 2006.

(Beitrag von Franz Xaver Erhard)

Tibet, das Schneeland, Projektionsfläche für endlose Phantasien. Mit einer Reisegruppe bin ich unterwegs im nahezu unbekannten Kham. Irgendwo zwischen Pema und Jekundo, auf der alten Teestraße, die Südchina mit dem tibetischen Hochland verbindet, krame ich aus meinem Seesack das Buch, das meine Reiselektüre sein sollte und das ich noch am Tag meiner Abreise in einer Buchhandlung in Berlin eilig besorgt hatte: Der Fliegende Berg. Christoph Ransmayrs neuer Roman. Continue Reading →