Toll-Verpacktes aus Zentralasien

Ein Beitrag von Michael Angermann

Zentralasien ist in der westlichen Welt kaum bekannt für seine Warenkultur. Gerade mal der ökologisch orientierte Konsument kann Trockenfrüchte aus Usbekistan in Schokoladenform erwerben und der IKEA – Kunde Bettlaken aus Turkmenistan.

Zotter_Ikea

Mehr Waren mit Herkunftsangabe bekommt der westliche Endverbraucher nicht zu Gesicht. Schade, denn einige Spezialitäten und Kuriositäten sollten nicht nur die Regale und Basare der zentralasiatischen Region zieren.

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Frühstück mit Kabiri

Ein Nachtrag zur Parlamentswahl in Tadschikistan

Am 26. März 2010 lud die Friedrich Ebert Stiftung zum “Arbeitsfrühstück” mit Muhiddin Kabiri, dem Vorsitzenden der Partei der Islamischen Wiedergeburt Tadschikistans (Hizbi Nahzati Islomi) und einer von zwei Abgeordneten dieser Partei im tadschikischen Parlament. Muhiddin Kabiri informierte die Teilnehmer dieser Gesprächsrunde über die kurz zuvor abgehaltenen Parlamentswahlen und die sich daraus ergebende politische Lage und Perspektive für Tadschikistan.

Die derzeitige Frustration bei Anhängern der Hizbi Nahzati Islomi sei sehr groß. Vor der Wahl, so Kabiri, bestand große Hoffnung in die Parlamentswahlen, da Emomali Rahmon persönlich die Verantwortung für deren demokratischen Ablauf übernommen hatte. Bis Mitte Februar gab es auch von Seiten der Opposition keinerlei Probleme zu vermelden. Dann allerdings sei aufgrund der Analyse der gesellschaftlichen Stimmung im Vorfeld der Wahlen, die vom Wahlkampfstab der Volksdemokratischen Partei Tadschikistans (d.h. der Partei Rahmons) durchgeführt wurde, eine Wende eingetreten. Der Wahlkampf der Oppositionsparteien sei von da an entschieden gestört worden. In Tadschikistan sind neben der Hizbi Nahzati Islomi nur noch die kleine Sozialdemokratische Partei, ein Flügel der seit 2004 gespaltenen Sozialistischen Partei und ein Flügel der 2006 gespaltenen Demokratischen Partei Oppositionsparteien. Alle anderen Parteien bezeichnen sich selbst als Pro-Regierungs-Parteien.

Mit den Aktionen “Säubert die Stadt” – bei der vor allem Plakate der Oppositionsparteien von Putztrupps aus dem Stadtbild entfernt wurden, konnte die Partei Kabiris noch kreativ umgehen. Schwieriger war es dann schon, als jugendliche Wahlkampfhelfer von einer überforderten Polizei vorübergehend festgenommen wurden. Diese Aktion wurde in Duschanbe bekannt als “die Verhaftung der Mäuse”. Einige junge Aktivisten hatten die witzige und äußerst publikumswirksame Idee, verkleidet in Mickey Mouse- und anderen Trickfilmhelden-Kostümen, die sie aus dem Fundus der örtlichen Fotografen ausgeliehen hatten, im Stadtzentrum Duschanbes auf Stimmenfang zu gehen. Auf den dadurch verursachten Rummel waren die auf Ordnung und Ruhe bedachten Sicherheitskräfte nicht vorbereitet. Überfordert vom unerwarteten Spektakel fiel ihnen nicht mehr ein, als die Mickey Mäuse festzunehmen um die Situation wieder unter ihre Kontrolle zu bringen. Ihr Argument: “Im Islam gibt es keine Mickey Mouse”.

Die schwerwiegenden Vorwürfe Kabiris richteten sich dann jedoch vor allem gegen angebliche Manipulationen am Wahltag selbst. Mit den offiziell erzielten 8% der Stimmen zeigt sich seine Partei und deren Anhänger nicht einverstanden. Kabiri geht von bis zu 40% der Stimmen für seine Partei aus. Kabiri hatte auch einige Kopien “gefälschter Wahlprotokolle” im Gepäck, die belegen sollen, dass in einigen Wahlbezirken einfach die ersten Ziffern der abgegebenen Stimmen vertauscht wurden. So habe dann seine Partei besipielsweise anstelle von 980 nur noch 180 Stimmen im Protokoll, während die Partei des Präsidenten anstelle der 150 ausgezählten Stimmen in der Endabrechnung dann 950 bestätigt bekommt. Viele derartige Fälle hätte seine Partei registriert und angemahnt. Allerdings war bisher kein Gericht in Tadschikistan bereit, derartige Klagen anzunehmen und ein Verfahren dahingehend zu eröffnen.

Um Ruhe zu bewahren, sei er selbst nach der Wahl für ein zwei Tage abgetaucht. Um die aufgebrachte Stimmung und die hochkochenden Emotionen vor allem der jungen Anhänger zu beruhigen, habe er dann eine Rede gehalten, mit dem vorrangigen Ziel keinen öffentlichen Protest zuzulassen.

Allerdings wolle die Partei der Islamischen Wiedergeburt (PIW) von nun an eine härtere Gangart in der Oppositionsarbeit anschlagen als bisher und fortan auch öffentlich die mangelnde Regierungsarbeit kritisieren. Die Partei hat aus Protest den sogenannten “Gesellschaftsrat” verlassen – eine offizielle Plattform für den Dialog zwischen Regierung und Zivilgesellschaft. Um dennoch einen Kanal für Gespräche mit der Regierung offen zu halten werde jedoch die Parlamentsarbeit mit zwei Sitzen für die PIW fortgesetzt. Dass dieses Vorhaben durchaus Risiken birgt weiß Muhiddin Kabiri. Repressionen von staatlicher Seite – wie etwa gegen die Demokratische Partei Tadschikistans, deren Führer Muhammadruzi Iskandarov vor den Präsidentschaftswahlen 2006 zu 23 Jahren Gefängnis verurteilt wurde – fürchte er schon.

Aber auch der deutschen Seite hatte Muhiddin Kabiri durchaus kritisches mitzuteilen. Als ein generelles Problem werte er die “Unverständlichkeit der diplomatischen Sprache”. Klar, einfach und konkret müsse die Haltung der westlichen Regierungen gegenüber den Machthabern Zentralasiens formuliert werden, damit alle – Regierungen und Volk – verstehen, welche Position Deutschland (gleiches gilt auch für die anderen westlichen Staaten) in dieser Region einnimmt. Wenn das nur so einfach wäre. Stellt sich doch dann sogleich die Frage, ob es denn diese klar formulierbare Position überhaupt gibt. Und ob eines der lauthals verkündeten Ziele, nämlich “Demokratisierung”, überhaupt ernst gemeint ist.

Eines jedenfalls stellte Muhiddin Kabiri beim Arbeitsfrühstuck auf bestechend klare Weise fest: Seiner Meinung nach ist “der Westen” (noch) gar nicht bereit, Demokratisierungsprozesse der islamischen Gesellschaften auch als solche anzuerkennen. Da vertraut man schon lieber den “starken Männern” und ihren “Präsidialdemokratien”.

Laut der Selbstdarstellung auf der Webseite der Partei ist Muhiddin Kabiri 1965 in der Nähe von Fajzobod in Zentraltadschikistan (im Dorf Kasamdara) geboren und studierte nach Schulabschluss Orientalistik in Duschanbe und im Jemen. Religiöse Unterweisung erhielt er bereits als Jugendlicher, unter anderem von Muhammadsharif Himmatzoda, dem Anfang März verstorbenen geistigen Führer der PIW. Er leitete die Studentenzirkel der Partei und gehört zu deren Gründungsmitgliedern. In den 1990er Jahren vertrat er die Interessen der Partei der Islamischen Wiedergeburt in Moskau. Seit 1996 besitzt er einen Abschluss der Diplomatischen Akademie dieser Stadt (Dipakademiia MID RF). Auf Einladung Sayyid Abdullah Nuris kehrte Kabiri 1997 – nach dem Friedensschluss – zurück nach Tadschikistan und wurde 1999 zum Stellvertreter, später zum ersten Stellvertreter des damaligen Parteichefs gewählt. Muhiddin Kabiri leitet auch das Zentrum “Dialog” der Partei der Islamischen Wiedergeburt. Seit Nuris Tod im Jahr 2006 ist Muhiddin Kabiri Vorsitzender der PIW. Hier kann man seine Rede am 14. Februar vor Mitgliedern der Hizbi Nahzati Islomi in Duschanbe anschauen.

Eine Homestory mit dem begeisterten Angler, Tennisspieler und Fußballfan war im Juli 2008 in “VIP zone”, dem Hochglanzmagazin von Asia Plus zu lesen. Der Titel des Beitrags lautete “Muhiddin Kabiri – der reichste Abgeordnete im Tadschikischen Parlament…” – Aber erst der leicht zu überlesende Untertitel machte dieses Kurzportrait des Politikers und Geschäftsmannes Kabiri rund “…laut Steuererklärung”! Muhiddin Kabiri ist verheiratet. Er ist Vater von fünf Söhnen und einer Tochter.

In einer kurzen Selbstdarstellung in “Vip zone” sagt er, dass es sein Traum als Politiker sei, “dass Tadschikistan aufhört ein armer und korrumpierter Staat zu sein – ich möchte, dass wir dem Heute und Morgen mehr Aufmerksamkeit widmen und wir uns nicht damit begnügen, historisch ein Teil der Arischen Zivilisation zu sein. Ja, es gibt die Geschichte, aber was soll man mit ihr? Wen interessiert denn unsere Vergangenheit, wenn wir keine Gegenwart und Zukunft haben? Als Vater möchte ich meine Kinder so erziehen, wie mich meine Eltern erzogen haben. Aber ich habe schon viel Zeit verloren, und die Kinder sind schon nicht mehr ganz klein. Ich habe sehr viel Zeit in die Erziehung der Gesellschaft investiert und so zu wenig Zeit für meine eigenen Kinder gehabt.”

I call it a massacre!

Tolkun Umaraliev, der noch vor wenigen Tagen hier bei uns am Zentralasien-Seminar der Humboldt Universität zu Gast war und über die Bloggerszene in Kirgistan und Zentralasien gesprochen hat, ist wieder in Kirgistan.

Auf seinem Blog ist der letzte Eintrag den grauenhaften Ereignissen in Südkirgistan gewidmet. “I call it a massacre!” Laut Augenzeugenberichten begann das Massaker in Osh, als am 10. Juni das unbestätigte Gerücht kursierte, dass in einem Studentenwohnheim Kirgisen von Uzbeken umgebracht worden seien.  Daraufhin formierten sich zwei Gruppen von auswärtigen Jugendlichen (20-30 Uzbeken in schwarzen T-shirts und Kirgisen mit roten Basecaps) die gegeneinander vorgingen. In der darauffolgenden Nacht dann eskalierte die Situation. Diese Eskalation wird vor allem dem im April aus seinem Amt vertriebenen Ex-Präsidenten Kurmanbek Bakiev und seinem Netzwerk zugeschrieben. Bakiev hält sich seit dem Putsch in Weißrussland auf.

Bis heute kamen bei den Unruhen laut offiziellen Angaben des kirgisischen Gesundheitsministeriums 249 Menschen ums Leben. Uzbekische Quellen sprechen von über 2000 Toten. Die Zahl der nach Uzbekistan geflüchteten schwankt je nach Quelle zwischen 100.000 und 200.000. Insgesamt sind derzeit wohl bis zu einer Million Menschen (Uzbeken, Kirgisen, Tadschiken, Uighuren und andere im Süden Kirgistans lebende Gruppen) auf der Flucht.

Wie das Referendum über die neue Verfassung, die Legitimität der Übergangsregierung und die Neugestaltung der Rolle des Präsidenten am kommenden Sonntag (27. Juni 2010) unter diesen Umständen durchgeführt werden kann, bleibt abzuwarten.

Afghanistan. Gerettete Schätze.

Die Sammlung des Nationalmuseums in Kabul 11. Juni bis 3. Oktober 2010 in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn

In der Mitte der neunziger Jahre, als die Mujaheddin Kabul aus der Hand der durch die Sowjetunion gestützten Regierung (1992) übernahmen und ein langer Bürgerkrieg um die Vormachtstellung in der Hauptstadt entbrannte, erschütterten Meldungen über Bibliothek- und Museumsplünderungen die Intellektuellen vieler Länder.

Wie durch ein Wunder konnte aber der legendäre Nationalschatz Afghanistans Bürgerkrieg und Zerstörung der Museen Kabuls überdauern.

Dazu das Museum in seiner Ausstellungsbeschreibung selbst:

Die spektakulären Gold-, Silber- und Elfenbeingegenstände sind Zeugen des Königreichs Baktrien, einer hellenistisch beieinflußten Zivilisation, die sich im antiken Afghanistan an den Schnittstellen der Kulturen entlang der Seidenstraße entfaltete und so zum Schmelztiegel der unterschiedlichsten kulturellen Strömungen aus Ost und West wurde. Infolge des Alexanderfeldzugs um 330 v. Chr. zogen mehr und mehr Griechen und Makedonier in die antike Kulturlandschaft, wo sie die baktrische Hochkultur mitbegründeten. In der Ausstellung ist die Synthese der Kulturen sofort erkennbar. Bei den gezeigten Exponaten verschmelzen griechische, persische und indische Motive. So findet sich z. B. eine detailreich gearbeitete Aphrodite mit Engelsflügeln und indischem Bindi (Stirnpunkt) neben einem auf einem Delphin reitenden Eros. (Mehr siehe hier)

Das Erdenloch

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Amin Hodscha wurde in einer Kolchose im inneren Deltagebiet des Amu Darjas in Karausek geboren. Er wuchs in einer Kolchose im Gebiet des Kasachdarja auf. Die Menschen lebten hier vor allem vom Fischfang. Gefischt wurde im Kasachdarja, einem Amu Darja-Kanal und in einer mit dem Aralsee verbundenen Bucht. Sein Familienname deutet eigentlich auf eine religiöse Familienbiographie hin. Continue Reading →

Mythos Aralsee – Altenburg vom 20.05. – 03.10.

Zur Ausstellung im Mauritianum Altenburg vom 20.05. bis 20.09.

Die Ausstellung “Mythos Aralsee” widmet sich der Geschichte und den Folgen der sowjetischen Moderne in Zentralasien. Diese Moderne ist am besten charakterisiert mit einem schier unbegrenzten Technik- und Fortschrittsglauben. Der Glaube an uneingeschränkte menschliche Allmacht führte seit der Mitte des 20. Jahrhunderts zum größten Eingriff in die lebenswichtigen Flusssysteme der Region Mittelasien und zeigte seine schwerwiegenden Folgen gegen Ende des Jahrhunderts.

Die Ausstellung “Mythos Aralsee” im Mauritianum Altenburg (20.05 – 03.10.) erzählt in Bildern, historischen Fotos, Porträts und Biographien von den Veränderungen der traditionellen Lebens- und Wirtschaftsweisen in der Aralsee-Region und vom schrittweisen Verschwinden des Wassers.

Der Aralsee existiert bei den Bewohnern der Region nur als Mythos. Die meisten haben den See noch nie in ihrem Leben gesehen. Der Großteil der im Amu Darja Delta lebenden Bevölkerung leidet jedoch nicht so sehr am Verschwinden des Aralsees und dessen negativen Auswirkungen auf das Weltklima, sondern schlicht am Ausbleiben des Flusswassers.

Die mit dem Wassermangel verbundene schlechte Wasserqualität, die fehlenden Erwerbsmöglichkeiten und die durch das Austrocknen des Aralsees freigesetzten gesundheitsschädlichen Gifte, führen zur Abwanderung aus der Region. Gleichzeitig versuchen sich die Verbliebenen in den drastisch veränderten Lebendsbedingungen einzurichten.

Historische Hintergründe

Flüsse sind seit Jahrtausenden die Grundlage menschlicher Kulturen und Zivilisationen. Für Mittelasien sind die Flüsse Syr- und der Amu Darja die Grundlage des Lebens und Wirtschaftens. Schon in der Namesgebung für die Region stand das Wasser an erster Stelle. Der Amu Darja ist der Oxus der Griechen. Die Regionen, die die Flüsse Syr- und Amu Darja bewässern, nannten die Griechen Transoxanien, also “Jenseits des Oxus”. In Arabischen Quellen ist die Region als Mawera’ un-nahr ebenfalls “Jenseits des Flusses” bezeichnet.

Eine Besonderheit der Flüsse Mittelasiens ist, dass sie nicht in Weltmeere, sondern in Steppen-Endseen münden oder einfach in Wüsten versickern. Sucht man in historischen Quellen nach dem Aralsee, wird man nur selten fündig. Er scheint in der Wahrnehmung der Region eine nur untergeordnete Rolle gespielt zu haben. Seinen heutigen Namen erhielt der Aralsee erst im 18. Jahrhundert. Die Usbeken des Chanates Chiwa hatten das Deltagebiet des Amu Daryas soweit mit Kanälen durchzogen, dass sich dessen Bewohner wie auf Inseln (orol = Insel) vorkamen. Der Name für das Deltagebiet wurde später auch auf den See übertragen. Die Deltaregion des Amu Darja und seine Bewohner stehen im Zentrum der Ausstellung.

Seit dem 17. Jahrhundert wurde die Deltaregion vor allem von Karakalpaken besiedelt, die neben Kasachen, Usbeken und Turkmenen bis heute dort leben. Die Karakalpaken betrieben eine gut an den Amu Darja angepasste nomadische Mischwirtschaft von Ackerbau, Fischerei und Viehzucht. Diese Mischwirtschaft war notwendig, um sich dem unberechenbaren Fluss, seinen Überschwemmungen und seinen ständig wechselnden Flußläufen anzupassen. Die mobile Lebensweise sicherte so im Deltagebiet das Leben.

Mit der Kolonisierung und der Mitte des 20. Jahrhunderts einsetzenden sowjetischen Industrialisierung kam es zu Veränderungen dieser Lebensweise. Mit der Einbindung der Region in moderne Infrastrukturen, die auf maximale Produktivitätssteigerung ausgerichtetet waren, wurde das Ende des Aralsees eingeläutet. Während für die russischen Kolonisatoren der Fluß vor allem für den Transport wichtig war, wurde mit der sowjetischen Industrialisierung der Landwirtschaft und der Fixierung auf die Baumwollproduktion das Bewässerungssystem entlang des Flusses immer weiter ausgebaut. Riesige Kanalbauten, wie der über tausend Kilometer lange Karakumkanal, zweigten weit über die Hälfte des Flußwassers ab, bevor es die Deltaregion und den Aralsee erreichen konnte.

Gleichzeitig führte die sowjetische Moderne in ganz Zentralasien zu einem enormen Bevölkerungswachstum und damit zu einem ständig steigenden Wasserbedarf. In Moskau wurde entschieden, den Aralsee für den Wohlstand und die Baumwollproduktion entlang des Amu Darjas zu opfern. Der volkswirtschaftliche Wert des Sees wurde vom Wasserministerium auf 92 Billionen Rubel geschätzt. Auf die Bedürfnisse der Deltabevölkerung (etwa 300.000 Personen) wurde dabei keine Rücksicht genommen. Entgegen aller Hoffnungen verschlechterte sich die Lage in der Deltaregion seit dem Ende der Sowjetunion und der Aufteilung des Flusswassers auf drei Nationalsstaaten (Tadschikistan, Usbekistan, Turkmenistan) noch weiter.

Für das 20. Jahrhundert kann man in der Aralseeregion die biblische Devise von “Macht Euch die Erde Untertan!” in einer drastischen Form beobachten. Die Ausstellung versucht das langsame Sterben des Aralsees sowie die traditionellen und heutigen Überlebensstrategien in der Deltaregion nachzuzeichnen.

Das Begleitprogramm der Ausstellung besteht dabei aus zwei Vorträgen. Der Eröffnungsvortrag von Olaf Günther handelt von den derzeitigen Lebensbedingungen in der Aralseeregion (am 20. Mai, 19.00 Uhr). Der Vortrag des Historikers Askar Dzumashevs (02. Juni, 19.00 Uhr) beleuchtet die Sowjetische Geschichte der Aralseeregion (Karakalpakistan). Im Rahmen der Ausstellung wird auch der Dokumentarfilm “Aralkum” (Sowjetunion 1988) gezeigt.

Die Ausstellung wird zusammen mit dem Zentralasien-Seminar der Humboldt Universität zu Berlin und der Akademie der Wissenschaften Karakalpakistans durchgeführt und ist durch Mittel der DFG (Deutsche Forschungsgemeinschaft) gefördert.

Siehe auch:

http://www.tlz.de/startseite/detail/-/specific/Ein-Leben-mit-der-Katastrophe-am-Aralsee-55107914

http://zeulenroda.otz.de/web/zeulenroda/startseite/detail/-/specific/Ein-Leben-mit-der-Katastrophe-am-Aralsee-55107914

http://www.mdr.de/thueringen/ost-thueringen/5181126.html

“Ökotourismus in Kasachstan“ eine kleine Branche mit großen Hoffnungen

Ein Beitrag von Viktoria Wagner

Krauskopfpelikan

Ende April fand in Kasachstan die größte Tourismus Messe Mittelasiens statt: die Kazakhstan International Tourism Fair oder kurz KITF. Der Ort der Messe war die ehemalige Hauptstadt Almaty. Vertreter der Tourismusbranche aus dem Aus- und Inland sowie schätzungsweise 20.000 Besucher wurden erwartet. Zwar ist Kasachstan hierzulande mehr und mehr für seinen Ölboom bekannt, hat aber ein großes Interesse daran, die Tourismusbranche im Inland zu fördern. Tourismus hat sich in den letzten Jahrzehnten als ein ewig blühender Wirtschaftszweig erwiesen. Laut dem World Travel and Tourism Council (WTTC, Report 2008/2009) stieg der jährliche Zuwachs des Bruttoinlandsproduktes in der Tourismus- und Reisebranche seit 2004 weltweit durchschnittlich um 4%. Schätzungsweise 34 Millionen Arbeitsplätze wurden in diesem Zeitraum durch Tourismus geschaffen. Kasachstan ist 1993 zu der World Tourism Organisation (UNWTO) beigetreten und die Tourismusbranche hat mittlerweile sogar den Status eines Wirtschaftszweiges mit hoher Priorität. Nach der schwierigen wirtschaftlichen Lage, die dem Zusammenbruch der UdSSR folgte, könnte Tourismus nicht nur einen willkommenen Geldsegen bescheren, sondern auch die ökonomische Struktur des Landes diversifizieren, die stark auf die Erschließung von Rohstoffen angewiesen ist. Continue Reading →

Erster deutschsprachiger Reiseführer für Tadschikistan

von Sonja Bill

[inspic=700,left,,150]Nun ist es endlich soweit, und das kleinste zentralasiatische Land hat seinen ersten deutschsprachigen Reiseführer. Der Weg bis zum Buch war nicht ganz einfach, so wie das Befahren vieler Wege und Straßen in Tadschikistan eben nicht ganz einfach ist. Dafür warten aber hinter fast jedem Berg ein kleines Abenteuer und spannende Geschichten.

Fast eineinhalb Jahre habe ich – erst für den Deutschen Entwicklungsdienst, dann für die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit – in Tadschikistan gearbeitet. Während dieser Zeit durfte ich viel reisen und das Land, seine Menschen und seine verwunschenen Orte kennenlernen. Immer war ich auf der Suche nach kulturellen und kulinarischen Besonderheiten, nach den fantastischsten Fotomotiven und den schönsten Bergtouren, nach den angenehmsten Unterkünften und den interessantesten Informationen. Continue Reading →

Geschichte im Prisma

Über die Geschichte des Regionalmuseums von Irkutsk von Estelle Borel

Das Museum von IrkutskDas Regionalmuseum Irkutsk wurde 1782 eröffnet, sehr früh, sieht man die Geschichte der Museen der Welt in ihrem Zusammenhang. Es ist eines der ersten Museen in Russland nach der Kunstkammer in Petersburg. Die Kunstkammer wurde von Peter dem Großen im Jahre 1714 gegründet und ist heute bekannt als das Museum für Ethnographie und Anthropologie der Akademie der Wissenschaften Russlands. Das Regionalmuseum Irkutsk trug im frühen neunzehnten Jahrhundert den Spitznamen “Kunstkammer Sibiriens” und hat gewisser Weise ein ähnliches Schicksal wie die Kunstkammer in St. Petersburg. Denn beide Kunstkammern waren die ersten Kuriositätenkabinette Rußlands mit vielfältigen Sammlungen in der Botanik, Zoologie, Mineralogie und in anderen Bereichen, wurden ein reichhaltiges Forschermuseum und zum Ausgangspunkt wissenschaftlicher Forschung in der gesamten Region und sogar darüber hinaus, bis sie schließlich ab 1930 vor allem die Völker der Sowjetunion und ihre materielle Kultur ausstellten. Continue Reading →