Toll-Verpacktes aus Zentralasien

Ein Beitrag von Michael Angermann

Zentralasien ist in der westlichen Welt kaum bekannt für seine Warenkultur. Gerade mal der ökologisch orientierte Konsument kann Trockenfrüchte aus Usbekistan in Schokoladenform erwerben und der IKEA – Kunde Bettlaken aus Turkmenistan.

Zotter_Ikea

Mehr Waren mit Herkunftsangabe bekommt der westliche Endverbraucher nicht zu Gesicht. Schade, denn einige Spezialitäten und Kuriositäten sollten nicht nur die Regale und Basare der zentralasiatischen Region zieren.

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Das Erdenloch

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Amin Hodscha wurde in einer Kolchose im inneren Deltagebiet des Amu Darjas in Karausek geboren. Er wuchs in einer Kolchose im Gebiet des Kasachdarja auf. Die Menschen lebten hier vor allem vom Fischfang. Gefischt wurde im Kasachdarja, einem Amu Darja-Kanal und in einer mit dem Aralsee verbundenen Bucht. Sein Familienname deutet eigentlich auf eine religiöse Familienbiographie hin. Continue Reading →

“Ökotourismus in Kasachstan“ eine kleine Branche mit großen Hoffnungen

Ein Beitrag von Viktoria Wagner

Krauskopfpelikan

Ende April fand in Kasachstan die größte Tourismus Messe Mittelasiens statt: die Kazakhstan International Tourism Fair oder kurz KITF. Der Ort der Messe war die ehemalige Hauptstadt Almaty. Vertreter der Tourismusbranche aus dem Aus- und Inland sowie schätzungsweise 20.000 Besucher wurden erwartet. Zwar ist Kasachstan hierzulande mehr und mehr für seinen Ölboom bekannt, hat aber ein großes Interesse daran, die Tourismusbranche im Inland zu fördern. Tourismus hat sich in den letzten Jahrzehnten als ein ewig blühender Wirtschaftszweig erwiesen. Laut dem World Travel and Tourism Council (WTTC, Report 2008/2009) stieg der jährliche Zuwachs des Bruttoinlandsproduktes in der Tourismus- und Reisebranche seit 2004 weltweit durchschnittlich um 4%. Schätzungsweise 34 Millionen Arbeitsplätze wurden in diesem Zeitraum durch Tourismus geschaffen. Kasachstan ist 1993 zu der World Tourism Organisation (UNWTO) beigetreten und die Tourismusbranche hat mittlerweile sogar den Status eines Wirtschaftszweiges mit hoher Priorität. Nach der schwierigen wirtschaftlichen Lage, die dem Zusammenbruch der UdSSR folgte, könnte Tourismus nicht nur einen willkommenen Geldsegen bescheren, sondern auch die ökonomische Struktur des Landes diversifizieren, die stark auf die Erschließung von Rohstoffen angewiesen ist. Continue Reading →

Erster deutschsprachiger Reiseführer für Tadschikistan

von Sonja Bill

[inspic=700,left,,150]Nun ist es endlich soweit, und das kleinste zentralasiatische Land hat seinen ersten deutschsprachigen Reiseführer. Der Weg bis zum Buch war nicht ganz einfach, so wie das Befahren vieler Wege und Straßen in Tadschikistan eben nicht ganz einfach ist. Dafür warten aber hinter fast jedem Berg ein kleines Abenteuer und spannende Geschichten.

Fast eineinhalb Jahre habe ich – erst für den Deutschen Entwicklungsdienst, dann für die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit – in Tadschikistan gearbeitet. Während dieser Zeit durfte ich viel reisen und das Land, seine Menschen und seine verwunschenen Orte kennenlernen. Immer war ich auf der Suche nach kulturellen und kulinarischen Besonderheiten, nach den fantastischsten Fotomotiven und den schönsten Bergtouren, nach den angenehmsten Unterkünften und den interessantesten Informationen. Continue Reading →

Geschichte im Prisma

Über die Geschichte des Regionalmuseums von Irkutsk von Estelle Borel

Das Museum von IrkutskDas Regionalmuseum Irkutsk wurde 1782 eröffnet, sehr früh, sieht man die Geschichte der Museen der Welt in ihrem Zusammenhang. Es ist eines der ersten Museen in Russland nach der Kunstkammer in Petersburg. Die Kunstkammer wurde von Peter dem Großen im Jahre 1714 gegründet und ist heute bekannt als das Museum für Ethnographie und Anthropologie der Akademie der Wissenschaften Russlands. Das Regionalmuseum Irkutsk trug im frühen neunzehnten Jahrhundert den Spitznamen “Kunstkammer Sibiriens” und hat gewisser Weise ein ähnliches Schicksal wie die Kunstkammer in St. Petersburg. Denn beide Kunstkammern waren die ersten Kuriositätenkabinette Rußlands mit vielfältigen Sammlungen in der Botanik, Zoologie, Mineralogie und in anderen Bereichen, wurden ein reichhaltiges Forschermuseum und zum Ausgangspunkt wissenschaftlicher Forschung in der gesamten Region und sogar darüber hinaus, bis sie schließlich ab 1930 vor allem die Völker der Sowjetunion und ihre materielle Kultur ausstellten. Continue Reading →

Erdbeben in Jekundo

[inspic=679,,,0]Am Morgen des 14. April gab es ein Erdbeben in der Tibetischen Autonomen Präfektur Yushu (Jekundo) in der Provinz Qinghai. Inzwischen werden 2000 Todesopfer und 12.000 Verletzte gezählt. Zehntausende, so heißt es, sind obdachlos. Das Erdbeben der Stärke 7,1 hat den Nachrichten zufolge nahezu 90% der Häuser der Stadt Jekundo zerstört, über die Auswirkungen außerhalb der größeren Städte ist wenig bekannt. Jekundo ist eine nomadisch geprägte Region im Grenzgebiet der chinesischen Provinzen Qinghai, Sichuan und der Autonomen Region Tibet und die Infrastruktur ist überwiegend schlecht. Continue Reading →

Nalaicher Kasachen oder Wie Nomaden im Bergwerk landeten


Ein Beitrag von Michael Angermann

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“1910: Beim Rindermistsammeln findet eine arme Frau neben einem Murmeltierhügel einen schwarzen Stein mit mürber Außenseite …”

Vor 100 Jahren wurde in der Kleinstadt Nalaich, die gut 40 Minuten Autofahrt südöstlich von Ulan-Bator entfernt ist, Kohle gefunden. Damit beginnt die Geschichte der Bergarbeiterstadt Nalaich. Anfänglich bauten chinesische Unternehmen die Kohle ab, bis der Bergbau nach der Gründung der Mongolischen Volksrepublik Anfang der 1930er Jahre verstaatlicht wurde. Der Plan sah große Abbaumengen für die Versorgung von Ulan-Bator vor, doch waren nicht genügend Arbeitskräfte vorhanden. Auf dem VIII. Parteitag der Mongolischen Revolutionären Volkspartei im Frühjahr 1930 kam man zu dem Ergebnis, insbesondere der Bevölkerung im Westen der Republik eine wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung zu ermöglichen. Offiziell wurde die “Anwerbung” von Arbeitskräften aus der Westmongolei mit fehlenden Arbeitskräften begründet. Continue Reading →

Von Stalin bis Rahmon. Der Kulturpalast der Urunhodschaev-Kolchose

Ein Text von Wladimir Sgibnev

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Etwa sechs Kilometer südöstlich des Stadtzentrums von Chudschand steht auf einer Anhöhe im Dorf Arbob zwischen Baumwollfeldern und Bauernhöfen ein riesiger bonbonfarbener Palast. Wie kommt dieses riesige Gebäude in diese ländliche Gegend im Norden Tadschikistans mit all seinen Kolonnen und Fontänen und mit dem massiven Alabasterschnitzwerk und den schweren Lüstern aus Kristall?

Bei diesem rosafarbenen Prachtbau handelt es sich um das 1957 erbaute Kulturhaus der Urunhodschaev-Kolchose. Mit diesem Namen ist auch das Gebäude untrennbar verbunden. Saidhodscha Urunhodschaev. Das Leben und Wirken dieses Mannes liest sich wie aus einem Musterkatalog für den idealen Sowjetbürger Zentralasiens. Continue Reading →

Die schwierige Wasserkraftgeburt von Roghun

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Anfang Januar diesen Jahres wurde im Norden Tadschikistans die kleine Roghun geboren. Nichts außergewöhnliches möchte man meinen, würde das kleine Mädchen nicht nach einem Wasserkraftwerk benannt sein, das es erst noch zu bauen gilt.

Pläne für den Bau des Wasserkraftwerks Roghun mit der höchsten Staumauer der Welt (335 m) gibt es schon seit 1974. Der Bau der Staumauer begann 1987, doch mit dem Zerfall der Sowjetunion wurde er vorerst auf Eis gelegt. 1993 spülte ein Hochwasser zudem noch große Teile der bisher errichteten Staumauer und Anlagen weg. 2004 gab es einen Versuch mit dem russischen Partner Rusal den Bau fertig zu stellen, aber drei Jahre später scheiterte die Zusammenarbeit, weil bei grundlegenden Fragen wie Dammhöhe und -typ keine Übereinkunft erreicht wurde. Das Nachbarland Usbekistan kritisiert heftig jegliche Baupläne, sieht es doch den Wasserstrom des Wachsch und in der Folge des Amu-Darja stark beeinträchtigt. Continue Reading →

Wie stabil ist Tadschikistan? Das politische Erbe des Bürgerkrieges und die Machtkämpfe der Eliten

Ein Beitrag von Tim Epkenhans (Freiburg) 

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Der Bürgerkrieg in Tadschikistan hat auch zwölf Jahre nach seinem Ende noch Auswirkungen auf die politischen Vorgänge im Land. Der autoritär regierende Präsident Rachmon präsentiert sich – immer weniger erfolgreich – als Stabilitätsgarant und (inzwischen auch alleiniger) Friedensstifter von damals. Politische Gegner und ehemalige Partner werden ausgeschaltet. Der vorliegende Beitrag zieht die machtpolitischen Entwicklungen der letzten Jahre nach und stellt die Frage nach den Perspektiven des Staates wie der derzeitigen Politik der Eliten.

Als Anfang Oktober eine Vertreterin der tadschikischen Zivilgesellschaft im Rahmen einer Tadschikistan-Konferenz bemerkte, dass Tadschikistan nach wie vor das liberalste und stabilste der »persophonen« Staaten (neben Afghanistan und Iran) sei, zeigten sich zahlreiche Zuhörer überrascht, widerspricht diese Einschätzung doch der verbreiteten Auffassung, dass Tadschikistan der fragilste und instabilste Staat der Großregion sei. Insbesondere Berichte der International Crisis Group unterstellen regelmäßig, dass sich das zentralasiatische Land unmittelbar am Rande eines Staatszerfalls befände.

Offenbar greift diese Analyse der vermeintlichen Fragilität und Instabilität Tadschikistans aber zu kurz. Trotz gravierender sozialer, wirtschaftlicher und politischer Probleme konnte sich das Regime Emomali Rachmons in den vergangenen Jahren behaupten und seine Position festigen. Diese Konsolidierung erfolgte insbesondere durch Ausschaltung ehemaliger Alliierter und Rivalen, die Monopolisierung der politischen Deutungshoheit sowie eine – für das Regime – vorteilhafte geopolitische und wirtschaftliche Gesamtsituation. Die zunehmende Stabilität des Regimes schuf jedoch keineswegs Rahmenbedingungen für eine politische Transformation Tadschikistans nach einem liberal-demokratischen Muster, sondern verfestigte autokratisch-patriarchalische Herrschaftsmuster. Diese erwiesen sich als weitaus flexibler und belastbarer, als Beobachter erwartet haben. Die wirtschaftliche und politische Marginalisierung weiter Teile der Bevölkerung sowie das exklusive Verständnis von Stabilität und Sicherheit seitens der herrschenden Elite sind jedoch mittel- und langfristig Faktoren, die Tadschikistans Zukunft negativ bestimmen werden.
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